2007 — Neues aus der Rechtsprechung

 

DNA-Identitätsfeststellung gegenüber jugendlichem Ersttäter

BRAWO-Artikel vom 16.12.2007

Gemäß § 81 g StPO dürfen zum Zwecke derIdentitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren einem Beschuldigten, der u.a. einer Straftat von erheblicher Bedeutung verdächtig ist, Körperzellen entnommen und molekulargenetisch untersucht werden, wenn wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sind. Aufgrund des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes aus dem Jahre 1999 dürfen diese Maßnahmen u.a. auch gegenüber Verurteilten durchgeführt werden.

Die hierfür erforderliche Prognoseentscheidung setzt, wie das Bundesverfassungsgericht unter dem 18.09.2007 zum AZ 2 BvR 2577/06 entschieden hat, von Verfassungs wegen voraus, dass ihr eine zureichende Sachaufklärung vorausgegangen ist und die für sie bedeutsamen Umstände nachvollziehbar abgewogen werden. Hierbei sind insbesondere bei jugendlichen (Erst-)tätern auch kriminologische Erkenntnisse über sog. jugendtypische Delikte, die in dem jungendlichen Alter des Täters begründeten Umstände der Tat, das Verhalten nach der Tat sowie die

möglichen Auswirkungen der Erfassung des Jugendlichen zu berücksichtigen. Konkret handelte es sich um einen 15-jährigen Ersttäter, der wegen einer gefährlichen Körperverletzung anlässlich einer Schulhofprügelei unter Schülern zu Freizeitarrest verurteilt worden war.

Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sind hiernach jedenfalls dann nicht mehr von der gesetzlichen Grundlage gedeckt, wenn diese schematisch bei jeder Verurteilung wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung angeordnet werden bzw. gar durch pauschale Bezugnahme auf den Gesetzeswortlaut oder den bloßen Hinweis auf die Persönlichkeit des Verurteilten und dessen strafrechtlichen Vorbelastung begründet werden. Den verfassungsrechtlichen Schranken wird vielmehr erst dann entsprochen, wenn im Rahmen der Prognoseentscheidung eine einzelfallbezogene Auseinandersetzung mit den bzw. Abwägung der für die Entscheidung bedeutsamen Umstände erfolgt, welcher eine dementsprechend hinlängliche Sachverhaltsaufklärung vorauszugehen hat.

 



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Sicherungsabtretung von Ansprüchen aus Lebensversicherungen für den Todesfall

BRAWO-Artikel vom 02.12.2007

Ein wichtiges Sicherungsmittel in der Kreditwirtschaft wird seit der Entscheidung des BGH vom 13.06.2007 - IV ZR 330/05 - künftig neu zu beurteilen sein: die Sicherungsabtretung von Ansprüchen auf den Todesfall einer kapitalbildenden Lebensversicherung.

In der Rechtsprechung der Obergerichte war bislang uneinheitlich beurteilt worden, ob die Abtretung dieser Ansprüche auf den Todesfall auch die Rückkaufswerte im Erlebensfall umfasst, was insbesondere eine umfassendere und effektivere Befriedigungmöglichkeit des Gläubigers ermöglicht.

Der BGH hat dies durch Auslegung anhand der Parteiinteressen und des Zwecks der Abtretung ermittelt und kam zu dem  Ergebnis, dass die Abtretung von Ansprüchen auf den Todesfall ohne Darlegung einer abweichenden Zwecksetzung auf eben jenen beschränkt ist. Dies war vorliegend bereits dem von dem Kreditinstitut verwendeten Formularvertrag, welcher ausdrücklich Sonderregelungen für den Fall einer isolierten Abtretung auf den Todesfall vorsah, zu entnehmen. Diese Beschränkung läge regelmäßig auch im Interesse der Parteien, nachdem seit der Änderung des Einkommenssteuergesetzes im Jahre 1992 Prämienzahlungen für Lebensversicherungen nur noch dann als steuermindernde Sonderzahlungen geltend gemacht werden können, wenn zur Darlehenssicherung lediglich die Ansprüche auf den Todesfall abgetreten werden. Der Darlehensgeber hingegen werde durch die - beschränkte - Abtretung jedenfalls vor dem Kreditausfallrisiko bei Versterben des Darlehensnehmers geschützt, wobei es durchaus auch in seinem Interesse liege, diesem die steuerlichen Vorteile zu belassen. Dies wurde vorliegend noch dadurch untermauert, dass der vertraglich vorformulierte Passus, welcher auf einen möglichen Wegfall steuerlicher Vergünstigungen hinwies, noch zusätzlich gestrichen worden war.

Ohne konkrete Anhaltspunkte einer weiteren Zweckbestimmung ist daher die vorstehende Vermutung nicht zu widerlegen und daher der Anspruch auf den Rückkaufswert nicht von der »Abtretung auf den Todesfall« umfasst.


 

 



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Verwertungsverbot bei Verstoß gegen die Selbstbelastungsfreiheit 

BRAWO-Artikel vom 25.11.2007

Hat sich der Beschuldigte auf sein Schweigerecht berufen, so haben die Strafverfolgungsbehörden diese Entscheidung zu respektieren - sie darf insbesondere nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Beschuldigte durch eine vernehmungsähnliche Befragung seitens eines Verdeckten Ermittlers zu belastenden Äußerungen veranlasst wird, zu denen er in einer förmlichen Vernehmung nicht bereit gewesen wäre. Ein solches Vorgehen zieht ein weitreichendes Verwertungsverbot der Aussage nach sich, welches sich grundsätzlich auch auf die unter diesem Eindruck stehende Aussage bei der polizeilichen Vernehmung erstreckt.

 

Mit dieser Entscheidung vom 26.07.2007 (Az: - 3 StR 104/07 -) hat der BGH die Grenzen des Grundsatzes der Selbstbelastungsfreiheit auf der Linie der weiten Auslegungdes Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) neu umrissen. Hiernach dienen das Recht zu schweigen und der Schutz vor Selbstbelastung zwar zunächst dem Schutz des Beschuldigten gegen unzulässigen Zwang, umfassen aber auch dessen Entscheidungsfreiheit, in Polizeibefragungen auszusagen oder nicht.

 

Gerade hierin hat der BGH ein entscheidungserhebliches Moment gesehen: Der Angeklagte hatte nämlich bereits zuvor gegenüber einem Polizeibeamten erklärt, auf Anraten seines Verteidigers von seinem Schweigerecht Gebrauch machen. Mit dieser Entscheidung unvereinbar war es, ihm ungeachtet dessen durch gezielte, vernehmungsähnliche, von den Ermittlungsbehörden initiierte Befragungen ohne Aufdeckung der Verfolgungsabsicht selbstbelastende Äußerungen zu entlocken. Den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers sah der BGH hierbei noch nicht als verfahrensfehlerhaft an. Dieser hatte sich allerdings nicht darauf beschränkt, das zwischen ihm und dem Angeklagten betehende Vertrauen für die bloße Aufnahme von Informationen zu nutzen, die dieser von sich aus zu dem Tatgeschehen machte. Er hatte ihm diese vielmehr in einer vernehmungsähnlichen Situation geradezu gezielt entlockt. Hierbei kam erschwerend hinzu, dass der Ermittler den Angeklagten unter Ausnutzung seiner damaligen besonderen Haftsituation (in einer anderen Sache) ganz massiv zu den Angaben drängte. Dessen Entscheidungsfreiheit sah der BGH damit ähnlich stark eingeschränkt wie die eines Untersuchungshäftling, dem ein Polizeispitzel in die Zelle gelegt wird.

 



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Zustimmungserfordernis des Ehegatten zum Antrag auf Teilungsversteigerung 

BRAWO-Artikel vom 04.11.2007

Lebt ein Ehegatte im gesetzlichen Güterstand der  Zugewinngemeinschaft, so bedarf sein Antrag auf Anordnung der Teilungsversteigerung der Zustimmung des anderen Ehegatten, wenn sein Miteigentumsanteil an einem Grundstück sein ganzes Vermögen darstellt. Dies hat der BGH im Beschluss vom 14.06.2007 - V ZB 102/06 - entschieden und damit die Regelung des § 1365 Abs. 1 BGB, wonach sich ein Ehegatte zu einer Verfügung über sein Vermögen als Ganzes nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten kann, auch auf den Antrag auf Anordnung der Teilungsversteigerung eines Grundstückes angewendet. Im konkreten Fall hatte der getrennt lebende Ehegatte, welcher gemeinsam mit seiner Ehefrau Miteigentümer eines Grundstückes war, die Teilungsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft beantragt.

Da es sich hierbei jedoch weder um eine Verfügung über das Grundstück noch um eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung hierzu handelt, war bislang umstritten, ob dies für den Fall, dass es sich hierbei um das ganze Vermögen des die Versteigerung betreibenden Ehegatten handelt, gem. § 1365 Abs. 1 BGB der Zustimmung des anderen Ehegatten bedarf. Nach Auffassung des BGH soll die wirtschaftliche Grundlage der Familie vor einseitigen Maßnahmen eines Ehegatten schützen und zugleich den Zugewinnausgleichanspruch des Ehegatten sichern. Hierbei geht der BGH davon aus, dass die bislang trotzt diverser Änderungen des Familienrechtes unterbliebene Ergänzung der zwangsvollstreckungsrechtlichen Regelung des § 181 Abs. 2 ZVG keine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers darstellt sondern eine planwidrige Regelungslücke, welche durch entsprechende Anwendung ausgefüllt werden kann.

Verweigert der andere Ehegatte seine Zustimmung ohne ausreichenden Grund und entspricht die Aufhebung der Gemeinschaft einer ordnungsgemäßen Verwaltung, so kann das Vormundschaftsgericht entsprechend § 1365 Abs. 2 BGB die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen.

 



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Straflosigkeit des unvorsätzlichen Entfernens vom Unfallort

BRAWO-Artikel vom 21.10.2007

Die von den Fachgerichten, insbesondere dem Bundesgerichtshof für Strafsachen bislang vorgenommene Gleichsetzung des unvorsätzlichen Entfernens vom Unfallort mit dem berechtigten oder entschuldigten Entfernen ist verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kam das Bundesverfassungsgericht anhand der Verfassungsbeschwerde eines wegen Verstoßes gegen § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB (wegen Unterlassens nachträglicher Feststellungen) verurteilten Beschwerdeführers. Dieser hatte nach den tatrichterlichen Feststellungen beim verbotswidrigen Überholen an einem Baustellenabschnitt Rollsplitt aufgewirbelt und dadurch an dem überholten Fahrzeug einen nicht unerheblichen Sachschaden verursacht. Er entfernte sich, ohne dem Geschädigten die erforderlichen Feststellungen ermöglicht zu haben. Da ihm nicht nachgewiesen werden konnte, die Schadensverursachung bemerkt zu haben, erfolgte eine Verurteilung, weil er dem  Geschädigten, der ihn später an einer Tankstelle auf den Vorfall aufmerksam gemacht hatte, die erforderlichen Feststellungen nicht nachträglich ermöglicht habe. Diese Verpflichtung trifft denjenigen, der sich zunächst berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt, nicht aber - wie das Bundesverfassungsgericht nunmehr festgestellt hat - denjenigen, der sich vom Unfallort entfernt, ohne den Unfall überhaupt zu bemerken.

 

Es sieht hierbei vor allem die Grenze des möglichen Wortsinns überschritten und gelangt daher zu einem Verstoß gegen das strafrechtliche Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Schließlich soll der Betroffene vorhersehen können, welches Verhalten verboten bzw. mit Strafe bedroht ist. Die Entscheidung über strafwürdiges Verhalten ist vom Gesetzgeber im Voraus zu treffen, und zwar so, dass Anwendungsbereich und Tragweite des Straftatbestandes und dadurch in Grenzfällen zumindest das Risiko einer Bestrafung sich noch aus dem Wortlaut ermitteln lassen. Schließlich war weiter zu berücksichtigen, das die nach § 142 Abs. 2 StGB begründeten Pflichten des Unfallbeteiligten weiter reichen als die Primärpflichten nach Abs. 1: Derjenige, der erst nachträglich durch Dritte von seiner Unfallbeteiligung erfahre, müsse im nachhinein ihn selbst belastende Handlungen vornehmen, die, wie bspw. die aktive Kontaktaufnahme mit der Polizei, über die Pflichten des am Unfallort Anwesenden hinausgehen. Dem Ausnahmecharakter des berechtigten oder entschuldigten Entfernens widerspricht es jedoch, auch denjenigen mit den hieraus resultierenden Pflichten zu belegen, der dieses Privileg nicht für sich in Anspruch nimmt.

 



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Kein Eigentumsverzicht bei  Miteigentumsanteil

BRAWO-Artikel vom 07.10.2007

Grundsätzlich kann das Eigentum an einem Grundstück durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt und entsprechende Eintragung in das Grundbuch gemäß § 928 Abs. 1. BGB aufgegeben werden. Es wird dann herrenlos und unterliegt vorrangig dem Aneignungsrecht des Fiskus des Landes, in dem das Grundstück belegen ist, subsidiär dem eines jeden Dritten. Dass der Verzicht einzelner Miteigentümer eines Grundstückes auf ihren Anteil jedoch nicht zulässig ist, hat der BGH mit Beschluss vom 10.05.2007 - V ZB 6/07 - neuerlich bestätigt.

Zwar sind grundsätzlich die Vorschriften über das Eigentum auch auf Miteigentum nach Bruchteilen anwendbar, dies ist allerdings ausgeschlossen, wenn sich aus dem Gesetz oder dem Sinn und Zweck der anzuwendenden Norm etwas anderes ergibt. Vorliegend sah sich der BGH zwar noch nicht allein durch die einschlägigen sachenrechtlichen Bestimmungen, vor allem aber die schuldrechtlichen Regelungen über das Miteigentum an einer Anwendbarkeit der Verzichtsregelung gehindert: Ist bereits die Annahme einer - partiellen - Herrenlosigkeit nicht unproblematisch, da dem Bruchteilseigentümer nur ein ideeller und kein realer Miteigentumsanteil zusteht, so würde jedenfalls ein Eigentumsverzicht den besonderen schuldrechtlichen Beziehungen zu den anderen am Grundstück berechtigten Personen zuwiderlaufen. Denn nach den Regelungen über die Auflösung der Bruchteilsgemeinschaft ist jeder Teilhaber an die Gemeinschaft bis zu deren gesetzeskonformer Aufhebung gebunden. Dies ist mit der Vorstellung des Erlöschens eines Anteils nicht zu vereinbaren, zumal das Recht der Gemeinschaft auch ein sog. Anwachsungsrecht zugunsten der verbleibenden Miteigentümer nicht vorsieht. Vielmehr kann die Aufhebung der Gemeinschaft nur durch Vereinbarung oder einstimmigen Beschluss aller Teilhaber herbeigeführt werden. Durchsetzbar ist dieser Aufhebungsanspruch im Wege der Teilungsversteigerung (§§ 180 ff. ZVG). Schließlich soll sich der einzelne Bruchteilseigentümer nicht durch einseitige Erklärung den wechselseitigen Rechten und Pflichten der Miteigentümergemeinschaft zulasten der übrigen Miteigentümer entziehen können.

Die Beteiligung an einer Bruchteilsgemeinschaft will daher gut überlegt sein. Ist dies beispielsweise nicht möglich, wie im Falle eines gesetzlichen Eigentumsüberganges per Erbfolge, kann dem etwa durch Erbschaftsausschlagung, Haftungsbegrenzung auf den Nachlass oder Teilungsversteigerung begegnet werden.

 

 



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Verwertungsverbot bei fehlerhafter Belehrung desBeschuldigten durch Strafverfolgungsbehörden

BRAWO-Artikel vom 23.09.2007

Wer zunächst lediglich als Zeuge vernommen und allein über sein insoweitiges Auskunftsverweigerungsrecht belehrt worden ist, muss, sobald er in seiner Eigenschaft als Beschuldigter polizeilich vernommen wird, neuerlich und, unter Umständen qualifiziert, über sein vollumfängliches Aussageverweigerungsrecht gemäß §§ 136 Abs. 1, 163 a Abs. 4 StPO belehrt werden. Hiernach reicht es nicht, dass der nunmehr Beschuldigte lediglich dahingehend belehrt wird, "bei der Polizei überhaupt nichts sagen zu müssen und jedenfalls keine Angaben machen zu müssen, die ihn belasten könnten". Der BGH hat damit in seinem Urteil vom 03.07.2007 - 1 StR 3/07 - neuerlich bestätigt, dass eine fehlerhafte Belehrung - hier: als Zeuge - die Belehrung eines Beschuldigten über seine Rechte in dieser Eigenschaft nicht zu ersetzen vermag. Der Verstoß hiergegen zieht in aller Regel ein entsprechendes Verwertungsverbot der Aussage nach sich. Als besonders schwerwiegend hat der BGH insbesondere hervorgehobben, dass die im vorliegenden Fall erfolgte Belehrung keinen Hinweis auf das Recht zur Verteidigerkonsultation enthielt.

Abgrenzungsprobleme ergeben sich in der Praxis dann, wenn die Person des Beschuldigten sich erst im Laufe der Ermittlungen herauskristallisieren, dieser etwa zunächst als Zeuge vernommen worden ist. Ab wann der Betroffene den Beschuldigtenstatus mit der hieraus resultierenden Belehrungspflicht erlangt, richtet sich nach dem Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörde, der sich grundsätzlich in einem entsprechenden Willensakt manifestieren muss. Bei Vernehmung ist die Abgrenzung im Einzelfall gerade deshalb besonders schwierig, weil im Strafverfahren auch ein Verdächtiger grundsätzlich als Zeuge vernommen werden darf, ohne dass er über die Beschuldigtenrechte belehrt werden muss. Dies ändert sich erst mit zunehmendem Tatverdacht. Hierbei wird den Strafverfolgungsbehörden ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt. Dessen Grenze ist allerdings überschritten, wenn im Rahmen der gebotenen sorgfältigen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls der Tatverdacht so stark, dass dieser den Übergang zur Beschuldigtenvernehmung zwingend nahelegt. Daneben kann sich eine entsprechende Belehrungspflicht aus dem Gesichtspunkt der Umgehung der Beschuldigtenrechte ergeben. Hierbei ist insbesondere auch von Bedeutung, wie sich das Verhalten des Beamten bei der Befragung in der Wahrnehmung des Betroffenen darstellt. So kann insbesondere das Ziel der Vernehmung, neue Ermittlungssätze oder gar ein Geständnis des Betroffenen zu erlangen, diesen zum Beschuldigten machen.

 

Die vorliegende Entscheidung zeigt einmal mehr, wie wichtig die rechtzeitige Einschaltung eines Verteidigers ist. Macht der spätere Beschuldigte nämlich bereits im Vorfeld spontane Äußerungen, so sind diese nach der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung und Lehre uneingeschränkt verwertbar. Gleiches gilt, wenn nicht rechtzeitig ein Widerspruch gegen die Verwertung früherer, evtl. infolge fehlerhafter Belehrung zustande gekommener Aussagen ausgebracht sind.

 



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Pflichtteil geltend machen - aber rechtzeitig

BRAWO-Artikel vom 02.10.2005

Eine unbestreitbare Tatsache ist, dass so mancher Bundesbürger am Ende eines landen Lebens nicht unbeträchtliche Vermögenswerte »hinterlässt«. Ist ein Partner vorhanden, so hat der "Erblasser" oftmals Vorsorge für diesen getroffen, indem er diesen per letztwille Verfügung, nämlich durch ein ordentliches, d.h. entweder eigenhändiges oder zur Niederschrift bei einem Notar errichtetes Testament, zweifelsfrei zum Alleinerben bestimmt hat. Sind darüber hinaus noch Kinder vorhanden, sog. Abkömmlinge, sind diese durch die Erbeinsetzung grundsätzclih von der Erbfolge ausgeschlossen. Diese Wirkung tritt auch ein, wenn der Ausschluss nicht ausdrücklich bestimmt ist, sondern stillschweigend durch die Erbeinsetzung eines anderen erfolgt ist.

Die Folge ist, dass der hierdurch Ausgeschlossene zwar nicht Erbe wird, aber seinen Pflichtteil von dem Erben bzw. den Miterben fordern kann, sofern er hierauf nicht etwa wirksam in notarieller Verhandlung verzichtet hat. Die Höhe des Pflichtteils besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils; der Anspruch ist auf allein Geld gerichtet: Dem Pflichtteilsberechtigten steht kein Anspruch auf bestimmte Vermögenswerte zu wie etwa dem Erben, der hieran allein oder gemeinsam mit weiteren Erben berechtigt - aber auch, insbesondere bei Verbindlichkeiten - verpflichtet ist.

Das gleiche Recht steht i. Ü. den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn diese durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind.

Oftmals wird unter dem Eindruck des jüngst erlittenen persönlichen Verlustes eine Auseinandersetzung mit der rechtlichen Möglichkeit einer Geltendmachung aufgeschoben. Vielfach wird erst später dem »Übergangenen« bewusst, dass ihm überhaupt Ansprüche zustehen können. Hiermit verbunden ist noch nicht die Entscheidung, sie überhaupt geltend zu machen. Oft will auch der »Letzte Wille« des Erblassers respektiert werden, wobei dieser doch zunächst nur auf den Entzug des Erbrechtes, nicht aber auch des Pflichtteils gerichtet ist. Aber selbst wenn er es wollte: Dies lässt das Gesetz nur in äußersten Ausnahmefällen schwerwiegender Verfehlungen gegen den Erblasser oder seinen Ehegatten zu.

Kommt der Pflichtteilsberechtigte erst etwa mit Blick auf weitere Berechtigte, die ihrerseits zwischenzeitlich ihren Pflichtteil gefordert haben, zu dem Ergebnis, dass ihm dies eigentlich auch zustünde, kann es oftmals schon zu spät sein: Das Gesetz hat eine Frist von 3 Jahren für die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen ab Kenntnis der maßgeblichen Umstände vorgesehen. Danach kann der Verpflichtete, d. h. der Erbe, mit Erfolg die Einrede der Verjährung erheben. Erfüllt er den Anspruch dennoch, so ist er rechtlich hierzu nicht verpflichtet, Ungeachtet dieser Kenntnis verjähren Pflichtteilsansprüche jedenfalls in 30 Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an.

Die Frist für die gerichtliche Geltendmachung beginnt gem. § 2332 Abs. 1, 1. HS BGB von dem Zeitpunkt an, in welchem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des Erbfalls und der ihn beeinträchtigenden letztwilligen Verfügung Kenntnis erlangt. Hierbei ist wichtig zu wissen, dass die amtliche Verkündung der Verfügung - wie aber im Falle des Fristbeginns für die Erbschaftsausschlagung - hierfür nicht erforderlich ist. Auf die Bekanntgabe des Testaments und der Eröffnungsverhandlung (Testamentseröffnungsprotokoll) des Nachlassgerichts kommt es also insbesondere nicht an. Ausreichend ist vielmehr, dass der Pflichtteilsberechtigte - gleich auf welchem Wege, also auch mündlich - von der letztwilligen Verfügung erfährt, wobei es ausreicht, dass er die Beeinträchtigung seines gesetzlichen Erbrechts erkannt hat.

Hierzu heißt es in der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH, Urteil des IV. Zivilsenats vom 21.05.1951 - IV ZR 19/50 - : "§ 2332 BGB setzt voraus, dass der Pflichtteilsberechtigte positiv Kenntnis von dem für ihn wesentlichen, ihn beeinträchtigenden Inhalt der letztwilligen Verfügung hat. Auf welche Weise er diese Kenntnis erlangt hat, ist unerheblich, insbesondere ist nicht erforderlich, dass ihm die Kenntnis durch Lesen oder Vorlesen einer Urkunde vermittelt wird. Auch überzeugende Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts genügt. Prüfung aller Einzelheiten und zutreffende Beurteilung ihrer juristischen Natur ist nicht zu verlangen. (RGZ 70, 362)."

Damit lässt auch eine vor amtlicher Verkündung erlangte Kenntnis die Frist laufen. Wer also bereits vorher - in aller Regel von dem Allein- oder Miterben - erfährt, dass er von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wurde, was in aller Regel auf mündliche Nachfrage erfolgt, die im Familienkreis grundsätzlich auch »beauskunftet« wird, muss sich bewusst sein, dass hieran der Lauf der Verjährungsfrist geknüpft ist und der Erbe sich u. U. mit Erfolg hierauf berufen kann, wenn die Auskunft bspw. in Anwesenheit von Zeugen erfolgt ist und der Berechtigte nicht binnen 3 Jahren seinen Anspruch rechtshängig gemacht hat. Dann ist der Erbe nicht verpflichtet, den Pflichtteilsanspruch zu erfüllen und kann sich mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen. Dies kann dazu führen, dass mitunter nur eine Differenz von wenigen Tagen über den gerichtlichen Erfolgt entscheidet.

 



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Ausgleichszahlungen für Altrecht an Energieleitungen

BRAWO-Artikel vom 05.03.2006

Energieanlagen, welche am 03.10.1990 auf Leitungstrassen im Beitragsgebiet genutzt wurden, bestehen zugunsten der Energieversorgungsunternehmen weiter in dem bisherigen Umfang. Kraft Gesetzes besteht hier zugunsten der Energieversorgungsunternehmen eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, welche zum Besitz und Betrieb sowie zur Unterhaltung und Erneuerung von Energieanlagen berechtigt. Dies gilt selbstverständlich nicht, wenn der Grundstückseigentümer als Tarifkunde und Anschlussnehmer zur Duldung verpflichtet ist. Mit Inkrafttreten der Regelungen des GBBerG (§ 9) am 25.12.1993 ist daher zugunsten der Leitungen und Anlagen von Elektrizität, Gas und Fernwärme sowie Wasser und Abwasser an dem jeweiligen Grundstück eine dingliche Belastung "außerhalb des Grundbuches" entstanden, d. h. ohne dass es hierfür einer Eintragung im Grundbuch bedurfte.

Auf Antrag des Energieversorgungsunternehmens bescheinigt die nach dem Energiewirtschaftsgesetz zuständige Landesbehörde denVersorgungsunternehmen, welches Grundstück in welchem Umfang mit der Dienstbarkeit belastet ist. Beantragt aufgrund dieser Bescheinigung nunmehr das Versorgungsunternehmen die Berichtigung des Grundbuches entsprechend dem Inhalt der Bescheinigung, so ist es verpflichtet, dem Eigentümer des belasteten Grundstückes einen einmaligen Ausgleich für das Recht zu zahlen. Dieser ist kein fester Satz, sondern bestimmt sich nach dem Betrag, der für ein solches Recht allgemein üblich ist.

Maßgebend ist hierfür, in welchem Maß die Nutzbarkeit des Grundstückes durch die Energieanlage als auch etwaige Schutzstreifen sowie der Verlauf der Anlage entscheidend. So beeinträchtigt bspw. eine diagonal über das Grundstück verlaufende Leitung dessen Nutzbarkeit wesentlich stärker als eine an der Grundstücksgrenze befindliche; die Beeinträchtigung eines Baugrundstückes ist gravierender als etwa die einer landwirtschaftlichen Nutzfläche.

Der nach der Wertminderung zu bemessende Ausgleich orientiert sich insbesondere am Verkehrswert. So kann bspw. ein Grundstück infolge der Dienstbarkeit unverkäuflich werden mit der Folge einer deutlich höheren Entschädigung.

 



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Gemeinsame Erhaltungspflicht bei Wegerecht (Grunddienstbarkeit)

BRAWO-Artikel vom 28.05.2006

Ist dem Eigentümer eines Hinterliegergrundstückes ein Wegerecht mittels einer Grunddienstbarkeit eingeräumt, so hat er gem. § 1020 Satz 2 BGB die diesbezügliche Anlage, d.h. den Straßenkörper, grundsätzlich auf eigene Kosten in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten. Bei einem Mitbenutzungsrecht des Eigentümers des belasteten Grundstückes war dies zum Teil umstritten. So wurde für die Annahme einer Unterhaltungspflicht oftmals ein alleiniges Benutzungsrecht des Berechtigten verlangt

Der Bundesgerichtshof für Zivilsachen (BGHZ) hat hierzu unlängst mit Urteil vom 17.02.2006 (V ZR 49/05) entschieden, dass der Berechtigte auch dann zur Unterhaltung und Instandsetzung einer in Ausübung der Dienstbarkeit errichteten Anlage verpflichtet ist, wenn der Eigentümer diese mitbenutzen darf. In entsprechender Anwendung des Gemeinschaftsrechtes wurde im Zweifel eine hälftige Kostentragung angenommen.

Der BGH hat nunmehr auch in dem Fall, dass es sich um einen unbefestigten, lediglich aus zwei ausgefahrenen Fahrspuren bestehenden Weg handelte, den sowohl der aus der Grunddienstbarkeit Berechtigte als auch der Eigentümer des belasteten Grundstückes nutzten, entschieden, dass es sich hierbei zunächst um eine Anlage i.S.d. § 1020 Satz 2 BGB handelt. Ausreichend hierfür sei das Entstehen der Fahrspuren und die hierdurch mit der bestimmungsgemäßen Benutzung einhergehende Veränderung der Erdoberfläche. Auch in diesem Falle handele es sich um eine von Menschen geschaffene Einrichtung, die der Ausübung der bestehenden Dienstbarkeit auf unbestimmte Dauer dient.

In Ermangelung abweichender Anhaltspunkte gelangte der BGH in Bestätigung seiner Rechtsprechung zu einer hälftigen Kostenteilung. Der Umfang und das Ausmaß der jeweiligen Nutzung kann es indes angebracht erscheinen lassen, eine andere Kostenverteilung anzunehmen.

 

Unwirksamkeit starrer Schönheitsreparaturfristen

Ist in einem Wohnraummietvertrag, welcher als Formularvertrag RegelungeIn über die Instandhaltung und Instandsetzung der Mieträume enthält, die Verpflichtung des Mieters zur Ausführung von Schönheitsreparaturen festgelegt, so hängt die Wirksamkeit dieser Klausel davon ab, inwieweit sie im Einzelfall Ausnahmen von deren Fälligkeit vorsieht oder nicht. In letzterem Falle handelt es sich um einen so genannten »starren Fristenplan«, welcher für den Mieter keinerlei Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen des Vermieters im Falle der Nichterfüllung nach Beendigung des Mietverhältnisses entgegensteht. Sind nach der Fassung der Regelung die Schönheitsreparaturen nach dem dort aufgeführten Fristenplan unabhängig von einem tatsächlichen Renovierungsbedarf auszuführen, so wird hierdurch dem Mieter ein Übermaß an Renovierungsverpflichtungen auferlegt und dieser unangemessen benachteiligt.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) sind derartige Klauseln gemäß ihrem objektiven und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. So war bislang geklärt, dass allein die vertraglich vorgesehene Möglichkeit, bei einem geringeren Grad der Abnutzung eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen zu können, ausreichend war, um von der im Vertrag selbst festgelegten Frist im Einzelfall abzuweichen. Soweit hierdurch ein gewisser Auslegungsspielraum der Klausel eröffnet wurde, um der - u.a. von den individuellen Lebensgewohnheiten eines Mieters abhängigen - Abnutzung einer Wohnung Rechnung zu tragen, stand dies der Annahme einer starren Fristenregelung entgegen. Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass dies auch dann gilt, wenn die im Mietvertrag enthaltene vorgedruckte Klausel, wonach etwa spätestens nach drei, fünf oder sieben Jahren Schönheitsreparaturen durchzuführen sind, mit den Worten »in der Regel« versehen ist und die Frist mit dem Wort "spätestens" eingeleitet wird. Die Kombination der Worte »in der Regel« und »spätestens« macht einen Fristenplan in einer so genannten Schönheitsreparaturklausel nicht »starr« im Sinne der BGH-Rechtsprechung, sondern lässt, gleichfalls wie die Formulierung »im Allgemeinen«, für die Beurteilung des Einzelfalls genügend Raum, um eine Anpassung der Renovierungsfrist an den objektiven Renovierungsbedarf zu ermöglichen.

 



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»Aussage gegen Aussage«

BRAWO-Artikel vom 21.09.2008

Berufungsinstanz nicht zur Verfügung, so hat das Gericht nach dem "Gebot bestmöglicher Sachaufklärung" regelmäßig den Vernehmungsbeamten und den erstinstanzlichen Richter als Zeugen zu hören.

 

Dies hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 20.02.2008 

- 5 Ss 15, 10/08 - entschieden, nachdem der Angeklagte vom Berufungsgericht aufgrund der bestrittenen Aussage des einzigen Belastungszeugen verurteilt worden war. Hierbei hatte dieses den nicht erreichbaren Belastungszeugen nicht selbst vernommen, sondern dessen Aussage aus der erstinstanzlichen Hauptverhandlung verlesen. Das angerufene OLG erachtete dies als nicht ausreichend. Vielmehr hielt es das Gericht aufgrund der richterlichen Aufklärungspflicht für verpflichtet, sowohl den Vernehmungsbeamten als auch den erstinstanzlichen Richter als Zeugen zu erhalten. Dies gelte umso mehr, als vorliegend der Belastungszeuge kein neutraler Zufallszeuge war, sondern ein eigenes greifbares Interesse an dem zu entscheidenden Lebenssachverhalt hatte.

 

Die äußerst hohen Anforderungen an die Urteilsbegründung in den Fällen einander widersprechender Aussagen sind wiederholt Gegenstand bundesverfassungsgerichtlicher Entscheidungen und ergeben sich aus der freiheitssichernden Funktion des Artikels 2 Abs. 2 Satz 2 GG für das faire, rechtsstaatliche Verfahren. Diesen Maßstab hat der Bundesgerichtshof für Strafsachen etwa dahin konkretisiert, dass die Nichtbeachtung der aus den wissenschaftlichen, insbesondere kriminalistischen, forensischen und aussagepsychologischen Untersuchungen gewonnenen

Erfahrungsregeln, Grundsätzen für die Beweiswürdigung und Darlegung in den Urteilsgründen die Aufhebung in der Revision zur Konsequenz haben. Hierunter fallen auch Entscheidungen in Fällen der vorgenannten Art. Aufgrund der durch empirische psychologische Untersuchungen gewonnenen Erkenntnis der Unzuverlässigkeit des Zeugenbeweises generell, insbesondere aber auch in Beweissituationen, in denen die Verurteilung im Wesentlichen von der Aussage einer einzelnen Person abhängt, stehen die Tatgerichte bei der Sachaufklärung und Beweiswürdigung in besonderer Verantwortung.

 

 

 



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Verstoß gegen Richtervorbehalt bei Blutprobenentnahme

BRAWO-Artikel vom 07.09.2008

Einen entsprechenden Verlesungsantrag des Angeklagten hatte die Strafkammer abgelehnt. Der BGH bestätigte diese Auffassung auf die Revision des Angeklagten mit Beschluss vom 27.03.2008 zum Aktenzeichen 3 StR 6/08. Da das Schreiben lediglich eine be- streitende Einlassung zur Sache enthielt, war der Verlesungsantrag nicht als Beweisantrag zu behandeln. Die Sacheinlassungen des Angeklagten nach den Regelungen des StPO in die Verhandlung eingeführt werden. Dies erfolgt ausschließlich durch eine mündliche Befragung, die gleichfalls mündlich zu beantworten ist. Anderes liefe auf die Einräumung eines Wahlrechtes zwischen mündlicher und schriftlicher Einlassung hinaus und würde damit zu einer Umgehung der in den §§ 243 Abs. 4, 136 Abs. 2 StPO gesetzlich vorgesehenen Form der Einlassung und damit zu einem Verstoß gegen die Grundsätze der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit des Strafverfahrens führen.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör wurde hierbei nicht verletzt, da das Gericht das Schreiben zur Kenntnis genommen hatte und gemäß § 244 Abs. 2 StPO lediglich verpflichtet war, seine Beweiserhebung auch auf den Inhalt zu erstrecken, soweit dieser Anhaltspunkte für eine weitere Sachaufklärung geboten hätte oder aber, sofern gerade die in der schriftlichen Einlassung bezeichneten Tatsachen - wie etwa im Falle eines Geständnisses - als Grundlage des Urteilsspruches herangezogen werden sollten. Dies war vorliegend bei dem allein bestreitenden Inhalt des

Tatvorwurfs jedoch nicht der Fall.


 

 

Ein formularmäßiger Ausschluss der Mietminderung für Beeinträchtigungen der gewerblichen Nutzung der Mieträume durch Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, ist im Zweifel dahin auszulegen, dass er eine Mietminderung völlig ausschließt und der Mieter keinerlei Möglichkeit mehr hat, die Miete nach § 812 BGB zurück zu fordern. Eine solcherart auszulegende Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen und ist in dieser Auslegung wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Dies hat der BGB mit Urteil vom 23.04.2008 zum Aktenzeichen XII ZR 62/06 entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall war durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) in einem Gewerbemietvertrag eine Minderung der Miete ausgeschlossen, wenn durch vom Vermieter nicht zu vertretende Umstände wie z.B. Verkehrsumleitung, Straßensperrung oder - wie vorliegend - Bauarbeiten in der Nachbarschaft die gewerbliche Nutzung der Räume beeinträchtigt wird. Diese Klausel hielt nach Auffassung des BGH einer Inhaltskontrolle gemessen an § 307 BGB nicht stand. Hiernach sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Im vorliegenden Fall war die Bestimmung mit wesentlich Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von welcher abgewichen wurde, nicht zu vereinbaren. Ob dies der Fall ist, ist zu- nächst durch Auslegung zu ermitteln. Hiernach war die Klausel mehrdeutig. Denn sie ließ bereits dem Wortlaut nach offen, ob nur das Mietminderungsrecht als solches ausgeschlossen sein sollte oder darüber hinaus auch das Recht, die überzahlte Miete wegen ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB später zurück zu fordern.  Mangels einschränkender Konkretisierung ging die Klausel nach der gesetzlichen Auslegungsregel des 
§ 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders, wonach von der kundenfeindlichsten Variante auszugehen war, in der letztendlich die Minderung endgültig ausgeschlossen ist. Hierin lag nach Auffassung des BGH eine unangemessene Benachteiligung des

Vertragspartners i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Mit dem endgültigen Ausschluss der Minderung sah der BGH vorliegend den wesentlichen Grundgedanken des Prinzips der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung verletzt. Dies gelte insbesondere auch in dem Fall, dass den Vermieter kein Verschulden trifft, da dieses nicht Voraussetzung für das gesetzliche Mietminderungsrecht ist.

  

 



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