2016 — Neues aus der Rechtsprechung

 

Fehlerhafte Beratung bei Erwerb einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage

BRAWO-Artikel vom 04.12.2016

 

Mit Urteil vom 17.06.2016 – V ZR 134/15 – hat der BGH zu einem Schadensersatzanspruch der Käufer einer Eigentumswohnung wegen fehlerhafter Beratung über die Höhe der monatlichen Zuzahlung im Falle des Erwerbes des Objektes als Kapitalanlage festgehalten, dass die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, nicht schon dann gegeben ist, wenn der Geschädigte lediglich Kenntnis von sogenannten Anknüpfungstatsachen hatte. Erforderlich ist vielmehr, dass er hieraus den Schluss auf eine Pflichtverletzung durch eine bestimmte Person zieht oder fahrlässig nicht gezogen hat.

 

Im vorliegenden Fall hatten die klagenden Käufer im Jahre 2008 die streitgegenständliche Eigentumswohnung zu Kapitalanlagezwecken zu einem Kaufpreis von 117.519 EUR erworben. Bereits im selben Jahr stellten sie eine erhebliche Abweichung der Differenz zwischen den Finanzierungsausgaben und den Mieteinnahmen gegenüber den Angaben im Beratungsgespräch des Beklagten fest. Dieser hatte mit der Eigentümerin des gesamten Objektes eine Vereinbarung über die Veräußerung der einzelnen Wohnungen getroffen und eine weitere Gesellschaft mit dem Vertrieb beauftragt. Die erst im Jahr 2012 eingereichte Klage war indes nicht verspätet und der Anspruch deshalb nicht verjährt, weil die Differenz den Klägern letztendlich erst nach Erhalt der Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. - wie vorliegend – des Mietpools für den betroffenen Zeitraum möglich war. Hiermit trägt der BGH dem Umstand Rechnung, dass die höheren monatlichen Zuzahlungen verschiedene Ursachen wie etwa einen Zahlungsverzug des Mieters, dessen Mietminderung wegen neuartiger Mängel oder eben auch nur die schlechte Entwicklung eines Mietpools zur Ursache haben können. Auch in der fehlerhaften Angabe der Wiederverkaufsmöglichkeit der Wohnung nach nur zehn Jahren mit einem Gewinn von 23.000 EUR kann, insbesondere wenn etwa wegen des überhöhten Erwerbspreises in dem angegebenen Zeitraum ein gewinnbringender Verkauf des Objektes gänzlich unwahrscheinlich, wenn nicht gar ausgeschlossen ist, eine unrichtige Angabe der wirtschaftlichen Rentabilität bzw. der aus den Gegebenheiten der Immobilie folgenden Risiken und damit ein weiterer Beratungspflichtverstoß liegen. Gleiches gilt nach Auffassung des BGH auch für den unterlassenen Hinweis auf den bei Annuitätendarlehen permanent abnehmenden Steuerspareffekt

 

 

Keine grundbuchliche Legitimationswirkung postmortaler Vollmacht bei Handeln als Erbe

BRAWO-Artikel vom 20.11.2016

 

Nach dem Grundbuchverfahrensrecht ist der Nachweis der Verfügungsbefugnis durch öffentliche Urkunden positiv und vollständig zu erbringen. Zerstört der aufgrund einer postmortalen Vollmacht Handelnde den dieser innewohnenden Rechtsschein dadurch, dass er zugleich erklärt, Alleinerbe der Vollmachtgeberin zu sein und als solcher zu handeln, fehlt es an seiner Verfügungsbefugnis, wenn der Nachweis der Erbfolge nicht gemäß § 35 GBO belegt wird.

 

Mit dieser Begründung hat das OLG München mit Beschluss vom 31.08.2016 – 34 Wx 273/16 – die Grundbuchbeschwerde der Beteiligten in folgendem Sachverhalt zurückgewiesen: Nachdem seine Ehefrau verstorben war, übertrug ihr Ehemann, handelt als Alleinerbe nach seiner Ehefrau und zugleich deren Bevollmächtigter aufgrund notarieller postmortaler Generalvollmacht, ihr Wohnungs- und Teileigentum an das gemeinsame volljährige Kind. Hierzu erklärte er in der notariellen Urkunde, dass er gemäß dem noch nicht eröffneten gemeinschaftlichen Testament der Alleinerbe der eingetragenen Wohnungseigentümerin sei und auf deren ausdrücklich geäußerten Wunsch das Eigentum an dem Objekt nach ihrem Tode im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Sohn übergehen solle.

 

Zwar kann durch ein zugelassenes sogenanntes Insichgeschäft ein Eigentumsübergang auch ohne den erforderlichen Erbnachweis gemäß § 35 GBO vorgenommen werden, wenn der Bevollmächtigte als potentieller Alleinerbe in Betracht kommt, ohne dass dies urkundlich feststeht, wenn er sich nicht auf die eigene Alleinerbenstellung beruft. Zerstört jedoch der Bevollmächtigte selbst den der Vollmachtsurkunde innewohnenden Rechtsschein und damit ihre Legitimationswirkung gegenüber dem Grundbuchamt, indem er – wie vorliegend – ausdrücklich auch als Alleinerbe seiner Ehefrau auftritt, muss er diese Erbenstellung auch in der gehörigen Form nachweisen. Ungeachtet einer materiell-rechtlich wirksamen Eigentumsübertragung auch für den Fall, dass offen gelassen wird, ob es sich auf Veräußererseite um ein Eigen– oder Vertretergeschäft handelt, sofern nur die Sachlegitimation in dem einen oder anderen Fall bestanden hätte, bedarf es im Grundbuchverfahrensrecht im Interesse der Sicherheit des Grundbuchverkehrs gemäß § 29 Abs. 1 S.2 GBO des positiven und vollständigen Nachweises der Verfügungsbefugnis durch öffentliche Urkunden.

 

 

Sachmängelhaftung aufgrund früherer Nutzung des Kaufgrundstückes als Industriegelände

BRAWO-Artikel vom 06.11.2016

 

Die frühere, mitunter Jahrzehnte zurückliegende Nutzung eines Grundstückes als Industriegelände stellt nach Auffassung des BGH, Urteil vom 08.07.2016 – V ZR 35/15 - nicht schon als solche einen offenbarungspflichtigen Sachmangel dar. Maßgeblich ist vielmehr, ob die frühere Nutzung die Gefahr von erheblichen Schadstoffbelastungen begründet.

 

Im vorliegenden Fall war im Jahre 2007 ein ca. 15.000,00 m² großes Grundstück des Bundeseisenbahnvermögens (BEV) mit 6 bereits zu Zeiten der Reichsbahn verlegten und bis 1966 für den Bahnbetrieb genutzten Gleisen unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft worden. Von 1943 bis 1991 war das Grundstück an einen Schrotthandel vermietet. Das BEV erklärte, dass ihm nichts darüber bekannt sei und ihm auch keine Anhaltspunkte vorlägen, dass auf der Kauffläche umweltschädigende Stoffe abgelagert oder eingesickert wären. Als die Klägerin das Grundstück im Jahre 2012 bebauen wollte, stellte sie dessen erhebliche Bodenbelastung fest und begehrte u.a. die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie Schadenersatz.

 

Der BGH erachtete den Vortrag, dass aufgrund des über Jahrzehnte hinweg erfolgten Fahr-, Abstell- und Verladebetriebes auf den Bahngleisen die Gefahr einer erheblichen Schadstoffbelastung des Grundstücks – insbesondere durch Schmiermittelverluste, Unkrautbekämpfung mit heute nicht mehr zugelassenen Bio-, Herbi- und Insektiziden und Bahnschwellenimprägnierung - entstanden und dies auch dem fachkundigen BEV bekannt gewesen war, als erheblich. Hierbei könnte es sich nämlich um einen Sachmangel handeln, der die vereinbarte Beschaffenheit gem. § 434 Abs. 1 S.1 BGB betreffe oder – was näher liege – die künftige Bebauung als eine bei Vertragsschluss vorausgesetzte Verwendung i.S.d. § 434 Abs. 1 S.2 Nr. 1 BGB ausschließe. Jedenfalls weise das Grundstück dann aber einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 S.2 Nr. 2 BGB auf: Hiernach muss sich der Kaufgegenstand für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist, und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Auch ohne die jederzeitige Möglichkeit seiner Heranziehung als Zustandsstörer für die Beseitigung einer möglichen Altlast stelle die Schadstoffbelastung bei nahezu jeder denkbaren Grundstücksnutzung einen wertmindernden Faktor dar, der nicht üblich sei und den ein Grundstückskäufer nicht erwarte – zumal in Anbetracht der unrichtigen verkäuferseitigen Erklärung hinsichtlich fehlender Anhaltspunkte für die Ablagerung und das Einsickern umweltschädigender Stoffe auf dem Kaufgrundstück.

 

 

Keine Anwendung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes auf Überbau

BRAWO-Artikel vom 23.10.2016

 

Im vorliegenden Fall hatten die Kläger mit notariellem Vertrag aus dem Jahr 1968 ein Grundstück auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gekauft. Dieses war mit einem Wohngebäude bebaut, dessen Veranda mit einer Fläche von ca. 25 m² auf dem angrenzenden, ehemals volkseigenen Grundstück der Beklagten stand. 1970 wurde die Holzveranda durch einen Massivbau ersetzt. Im Jahre 2010 kündigte die Beklagte einen angeblichen Leihvertrag über die mit dem Anbau bebaute Teilfläche und verlangte aufgrund dessen die Zahlung eines Nutzungsentgeltes. Mit ihrer Klage begehren die Kläger sowohl die Feststellung ihrer Ankaufsberechtigung nach dem SachenRBerG als auch dahin, dass der Beklagten wegen eines von dieser zu duldenden Überbaus der geltend gemachte Entgeltanspruch nicht zustehe.

 

Mit Urteil vom 15.07.2016 zum Az. V ZR 195/15 hat der BGH einen Anspruch auf Ankauf der überbauten Fläche nach den Bedingungen des SachenRBerG verneint. Dieses gelte zwar auch für Nebengebäude, indes stehe der vorliegende Fall bei wertender Betrachtung keinem der in § 5 Abs. 1 Nr. 3 S.2 genannten Regelbeispiele gleich, sondern eher in Widerspruch hierzu. Die Kläger haben kein Eigenheim auf fremdem Grund und Boden errichtet, rekonstruiert oder ausgebaut, sondern ihr auf dem eigenen Grundstück stehendes Wohnhaus ausgebaut und bei der Erneuerung des Anbaus auf das Nachbargrundstück übergebaut. Eine Investitionssicherung durch den Ankauf von Grund und Boden zum halben Bodenwert solle nur dann erfolgen, wenn in dem Recht der DDR eine „Verdinglichung“ durch Nutzungsrechte vorgesehen war. Gemäß dem Nachzeichnungsprinzip könnten deshalb nur solche Fälle einbezogen werden, in denen eine Absicherung durch Nutzungs– oder vergleichbare Rechte nach den maßgeblichen Vorschriften der DDR möglich war und lediglich infolge eines für diese typischen strukturellen Vollzugsdefizits planwidrig unterblieben ist. Dies war vorliegend nicht der Fall, da es sich nicht um ein Eigenheim auf volkseigenem Grund, sondern einen Anbau an ein im Privateigentum stehendes Wohnhaus handelte, für den nach dem Recht der ehemaligen DDR weder ein Ankauf noch eine anderweitige eigentumsähnliche Absicherung vorgesehen war. Eine entsprechende Anwendung der Überbauregelung des § 912 BGB hängt nach Auffassung des BGH indes nicht davon ab, in welchem Umfang der Anbau auf dem überbauten Grundstück steht, sondern von den Folgen eines Abrisses für das auf dem Grundstück des Überbauenden stehende Gebäude, d.h., ob der Anbau ohne wesentliche Beeinträchtigung für das Wohnhaus abgerissen werden kann.

 

 

Reichweite des Haftungsausschlusses bei Grundstückskaufvertrag

BRAWO-Artikel vom 09.10.2016

 

Wird in einem notariellen Grundstückskaufvertrag ein Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart, so bildet der gemäß § 311b Abs. 1 S.1 BGB notariell zu beurkundende Entwurf des Kaufvertrages eine Zäsur. Die Parteien können nicht davon ausgehen, dass im Vorfeld des Vertrages erteilte Informationen zum Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen werden, wenn die geschuldete Beschaffenheit im Kaufvertrag selbst nicht erwähnt wird. Maßgeblich ist deshalb, was in der notariellen Urkunde vereinbart wird. Ein hierin enthaltener uneingeschränkter Haftungsausschluss umfasst daher auch die Eigenschaften, die der Käufer nach § 434 Abs. 1 S.2 und 3 BGB erwarten könnte und damit auch die nach öffentlichen Äußerungen des Verkäufers zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstückes oder Gebäudes.

 

Im vorliegenden Fall hatten die Beklagten dem Kläger mit notariellem Kaufvertrag ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück verkauft. Das Gebäude war im Jahr 1999/2000 unter Einbeziehung einer vor 1999 errichteten Rückwand einer ehemaligen Scheune in die Außenwand erbaut worden. Das Objekt wurde in einem Internetportal beworben und beschrieben als „massives Architektenhaus, 1999/2000 errichtet, bis 2005 ausgebaut.“ Der Kläger verlangte sodann wegen der integrierten Altbausubstanz Schadenersatz in Höhe von 18.000,00 EUR. Nach Auffassung des BGH, Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 23/15 –, war bereits zweifelhaft, ob wegen des abweichenden Baujahrs von den Angaben in dem Internetportal überhaupt ein Sachmangel vorlag. Ob das Haus durch das ältere Bauteil derart geprägt wurde, dass es den Charakter verliert, in dem erwarteten Baujahr erstellt worden zu sein, war mangels entsprechender Feststellungen über den Grad der Altersabweichung sowie Art, Größe und Bedeutung des Bauteils nicht abschließend zu beurteilen. Auch genügt es für den subjektiven Tatbestand einer den Haftungsausschluss seinerseits ausschließenden Arglist nicht, wenn die Beklagten wussten, dass die in den Neubau integrierte Wand vor 1999 errichtet worden war und sie lediglich nicht die Schlussfolgerung einer hieraus resultierenden Offenbarungspflicht gegenüber dem Käufer gezogen hatten. Erforderlich ist vielmehr die Kenntnis der den Mangel begründenden Umstände zumindest in der Form des Eventualvorsatzes, d.h., wenn sie neben der Kenntnis der Einbeziehung des älteren Bauteils gewusst oder für möglich gehalten haben, dass dadurch ein durchschnittlicher Käufer die Angabe eines Baujahres von 1999/2000 für unzutreffend hält. Gleiches gilt für eine bauphysikalische Nachteiligkeit der Integration aufgrund der unterschiedlichen Materialien von Neubau und Altwand.

 

 

Notwendige Bezugnahme auf Nachtragsurkunde bei Änderung einer Dienstbarkeit

BRAWO-Artikel vom 25.09.2016

 

Werden Inhalt und/oder Umfang einer ursprünglich bewilligten Grunddienstbarkeit in einer Nachtragsurkunde geändert und nimmt diese auf die zuerst erklärte Bewilligung Bezug, ist das Recht nur dann in der geänderten Form eingetragen, wenn die Eintragung auf die Nachtragsurkunde Bezug nimmt. Dass beide Urkunden mit Schnur und Siegel verbunden zu den Grundakten gelangen, genügt nicht.

 

Dementsprechend hat das OLG München mit Beschluss vom 30.05.2016 – 34 Wx 266/15 - das Grundbuchamt angewiesen, einen Amtswiderspruch zu Gunsten der Beteiligten gegen die Richtigkeit des zwischenzeitlich im Grundbuch eingetragenen Änderungsvermerkes einzutragen. Die Beteiligte ist seit 2007 Eigentümerin eines Grundstückes, zu dessen Gunsten in der Kaufvertragsurkunde aus dem Jahr 1983 eine Dienstbarkeit und deren Eintragung dahin bewilligt und beantragt worden war, dass der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstückes berechtigt ist, die über die gemeinsame Grundstücksgrenze hinweg gebaute Hütte, soweit sie sich auf dem dienenden Grundstück befindet, mit Ausnahme des südlichsten Drittels ausschließlich zu nutzen. Kurz danach war in einer Nachtragsurkunde ergänzend geregelt worden, dass diese Hütte von jedem der beiden Eigentümer insoweit genutzt werden darf, als sie auf seinem Grundstück befindlich ist. Im Grundbuch des dienenden Grundstückes wurde sodann das Hüttenbenutzungsrecht allein gemäß Bewilligung der auch nur an das Grundbuchamt übersandten ersten Urkunde eingetragen. Im Jahre 2015 trug das Grundbuchamt sodann in Abteilung II des dienenden Grundstückes ein: „Der Inhalt des Hüttenbenutzungsrechts ist geändert; gemäß Bewilligung vom 11.3.1983...“ Die Eigentümerin des herrschenden Grundstückes hat hiergegen die Eintragung eines Amtswiderspruches gemäß § 53 Abs. 1 S.1 GBO angeregt, da sie das Grundstück ohne Änderung des Inhalts der Dienstbarkeit gutgläubig erworben habe und das Grundbuch durch den Änderungsantrag unrichtig geworden sei.

 

Zur Eintragung einer Dienstbarkeit in das Grundbuch kann neben einer schlagwortartigen Wiedergabe ihres Inhalts auf die Bewilligung Bezug genommen werden. Modifiziert eine Nachtragsurkunde die ursprüngliche Bewilligung, bedarf es der Bezugnahme der Eintragung auf die Nachtragsurkunde. Maßgebend für den Erwerb der Dienstbarkeit ist die Eintragung im Grundbuch des dienenden Grundstücks zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs des herrschenden Grundstückes, so dass im vorliegenden Fall mangels Eintragung der Änderung die Dienstbarkeit noch in dem ursprünglich entstandenen und noch nicht begrenzten Umfang bestand.

 

 

Keine Rechtsmittelerklärung des gesetzlichen Vertreters für den Beschuldigten

BRAWO-Artikel vom 11.09.2016

 

Mit Beschluss vom 06.07.2016 – 4 StR 149/16 - hat der BGH die Ermächtigung des gesetzlichen Vertreters des Beschuldigten gemäß § 302 Abs. 2 StPO zur Rücknahme eines vom Verteidiger für den Beschuldigten eingelegten Rechtsmittels für unwirksam erachtet und daher über die Revision entschieden.

 

Im vorliegenden Fall hatte das Landgericht im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Hiergegen erhob der Pflichtverteidiger des Beschuldigten Revision, deren Rücknahme er sodann auf Anweisung des Betreuers des Beschuldigten erklärte. Dies entfaltete nach Auffassung des BGH indes mangels ausdrücklicher Ermächtigung des Beschuldigten zur Rücknahme keine Wirksamkeit. Gemäß § 302 Abs. 2 StPO bedarf der Verteidiger zur Zurücknahme eines Rechtsmittels einer ausdrücklichen Ermächtigung. Der gesetzliche Vertreter des Beschuldigten kann nach Auffassung des BGH nach der Regelungssystematik der §§ 296 ff. StPO die hiernach erforderliche ausdrückliche Ermächtigung zur Rücknahme einer vom Verteidiger für den Beschuldigten eingelegten Revision nicht wirksam erklären: Gemäß § 296 Abs. 1 StPO hat der Beschuldigte unabhängig von seiner zivilrechtlich zu beurteilenden Geschäftsfähigkeit die Befugnis, Rechtsmittel einzulegen. Hiervon kann er eigenständig, aber auch durch seinen Verteidiger Gebrauch machen. Auch hierbei handelt es sich stets um ein Rechtsmittel des Beschuldigten. Dementsprechend bedarf die Rücknahme des Rechtsmittels durch den Verteidiger nicht nur der Zustimmung, sondern der ausdrücklichen Ermächtigung des Beschuldigten. Ein Recht, von der Rechtsmittelbefugnis des Beschuldigten aus § 296 Abs. 1 StPO Gebrauch zu machen, räumt die Strafprozessordnung dem gesetzlichen Vertreter nicht ein. Dieser hat vielmehr gem. § 298 Abs. 1 StPO eine eigenständige Befugnis, sogar unabhängig vom Willen des Beschuldigten zu dessen Gunsten Rechtsmittel einzulegen. Diese Befugnis steht selbstständig neben der Rechtsmittelbefugnis des Beschuldigten aus § 296 Abs. 1 StPO, so dass die jeweiligen Erklärungen nur für das eigene Rechtsmittel Wirkung entfalten. Der gesetzliche Vertreter kann daher für den Beschuldigten selbst keine Rechtsmittelerklärungen abgeben, d.h. weder ein von diesem selbst eingelegtes Rechtsmittel zurücknehmen noch die hierzu erforderliche Ermächtigung für eine Rücknahme durch den Verteidiger erteilen. Im übrigen bedarf auch er seinerseits für die Rücknahme seines Rechtsmittels der eigenen Zustimmung des Beschuldigten.

 

 

Fehlerhafter Beitritt zu Werbegemeinschaft in Gesellschaft bürgerlichen Rechts

BRAWO-Artikel vom 28.08.2016

 

Ist der Beitritt eines gewerblichen Mieters in einem Einkaufszentrum zu einer Werbegemeinschaft in Gesellschaft bürgerlichen Rechts unwirksam, so finden nach Urteil des BGH vom 11.05.2016 – XII ZR 147/14 – die Grundsätze über den fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft Anwendung.

 

Im vorliegenden Fall war die Beklagte als Betreiberin einer Cafébar in einem Einkaufszentrum durch einen vorformulierten Werbegemeinschafts-Vertrag einer derartigen Werbegemeinschaft beigetreten, deren Mitgliedschaft Sie sodann im Jahr 2013 gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Klägerin kündigte. Diese verlangte sodann noch für das gesamte Jahr 2013 die vereinbarten Werbebeiträge in sog. gewillkürter Prozessstandschaft aufgrund Ermächtigung der Werbegemeinschaft.

 

Nach Auffassung des BGH war die Beklagte gemäß § 706 BGB i.V.m. dem Gesellschaftsvertrag zur Zahlung verpflichtet. Dabei konnte dahinstehen, ob der Mieter wegen der hiermit verbundenen Haftungsrisiken auch ohne Beitrittsverpflichtung im Gewerbemietvertrag unangemessen benachteiligt wird und es sich daher etwa um ein unwirksames Umgehungsgeschäft nach § 306a BGB handeln könnte. Denn selbst dann würde der Beklagte die Werbebeiträge nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft schulden. Hiernach ist der fehlerhaft vollzogene Beitritt regelmäßig nicht von Anfang an unwirksam, sondern kann allein mit Wirkung für die Zukunft durch eine von dem Gesellschafter erklärte Kündigung beansprucht werden. So hat der sich hierauf berufende Gesellschafter das Recht, sich jederzeit im Wege der außerordentlichen Kündigung von seiner Beteiligung für die Zukunft zu lösen. Bis dahin ist indes der – wie hier - vollzogene Beitritt grundsätzlich voll wirksam, so dass sich die Rechte und Pflichten der Gesellschafter anhand des Gesellschaftsvertrages beurteilen und daher der Gesellschafter auch zur Leistung der von ihm zu erbringenden Beiträge bis zur Kündigung verpflichtet ist. Trotz deren Ausspruch noch im Laufe des Jahres 2013 war aber die Kündigung durch den Gesellschafter selbst nach § 723 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, da wegen der ausdrücklichen Festlegung im Gesellschaftsvertrag eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses gegenüber der Geschäftsführung der Werbegemeinschaft zu erklären war, zu deren Vertretung jedoch weder die Prozessbevollmächtigen der Klägerin noch diese selbst berechtigt waren.

 

 

Wer das "Vermögen allein übernehmen soll", ist Alleinerbe

BRAWO-Artikel vom 14.08.2016

 

Mit Beschluss vom 14.08.2015 – 6 W 40/15 – hat das Kammergericht die Einziehung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge und die testamentarische Alleinerbenstellung des ältesten Sohnes des Erblassers in folgendem Fall bestätigt:

 

Der Erblasser hinterließ ein wie folgt lautendes Testament: „Ich verfüge, dass mein ältester Sohn allein mein Vermögen übernimmt, das sowohl sämtliche Immobilien, wie auch sämtliche finanziellen wie auch meine zu Papier gebrachten geistigen Leistungen umfassen soll.“ Weiter sollte es dem „freien Willen meines Sohnes und dem Gebot unseres Herrn überlassen“ sein, welche Entscheidungen der Sohn für seine Geschwister und die Mutter trifft. Aufgrund dessen wurde zunächst nur ein Erbschein aufgrund gesetzlicher Abfolge erlassen. Das Kammergericht bestätigte hingegen die testamentarische Alleinerbenstellung des Sohnes wegen eines entsprechenden sowie wirksamen Testamentes.

 

Durch die unterstrichene Passage “allein mein Vermögen übernimmt“ habe der Erblasser eine der sprachlichen Fassung wie „bekommen“ oder „erhalten“ gleichstehende Formulierung der letztwilligen Verfügung gewählt, die für eine Erbeinsetzung spreche, da der Sohn hiernach anstelle des Erblassers dessen unmittelbarer Rechtsnachfolger in das Erblasservermögen werden solle. Demgegenüber habe der Erblasser auch nicht etwa eine Formulierung verwendet, nach welcher der Sohn den Nachlass lediglich „regeln“ solle. Das Testament war auch nicht etwa dadurch unwirksam, dass es „dem freien Willen des Sohnes und dem Gebot des Herrn“ überließ, welche Entscheidungen der Sohn für die weiteren Familienangehörigen treffen möge. Gem. § 2065 Abs. 2 BGB kann zwar der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstands der Zuwendung nicht einem anderen überlassen. Mit der gewählten Formulierung habe indes der Erblasser gerade betont, dass der älteste Sohn als Alleinerbe in die vormals dem Vater zukommende Entscheidungsstellung einrücken und damit sein Rechtsnachfolger werden solle. Schließlich ist gem. § 2084 BGB bei verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten einer letztwilligen Verfügung im Zweifel diejenige vorzuziehen, bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann – dies ist mit der Annahme der Alleinerbenstellung des genannten Sohnes der Fall.

 

 

Schadensersatz bei Verzug des vormerkungswidrig Eingetragenen

BRAWO-Artikel vom 31.07.2016

 

Ist der vormerkungswidrig Eingetragene mit der Erfüllung des Zustimmunganspruchs nach § 888 Abs. 1 BGB in Verzug, haftet er gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB und § 288 BGB auf Ersatz des Verzögerungsschadens. Im vorliegenden Fall konnten die als Eigentümer im Grundbuch eingetragenen Kläger ihr Anwesen nicht lastenfrei an einen Erwerber übereignen, weil die vom Voreigentümer personenverschiedene Beklagte nach Eintragung der Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Kläger dort die Eintragung mehrerer Zwangssicherungshypotheken erwirkt hatte und sich weigerte, deren vorbehaltloser Löschung zuzustimmen. Hierauf vereinbarten die Kläger mit ihren Käufern, deren angefallene Kosten für die Bereitstellung des Finanzierungskredites zu tragen und verlangten von der Beklagten den Ersatz dieses sowie ihres eigenen Verzögerungsschadens nebst Zustimmung zur Löschung der Zwangssicherungshypotheken.

 

Der BGH hat bislang die Anwendbarkeit der vorstehenden Regelungen auf den Zustimmungsanspruch nach § 888 BGB verneint, da dieser Anspruch nur ein Hilfsanspruch sei und sich der Auflassungsgläubiger wegen des durch die Verzögerung der Auflassung entstehenden Schadens an den Auflassungsschuldner, d.h. den Verkäufer, halten müsse. Nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes hält er hieran nicht mehr fest. Maßgeblich ist nunmehr eine Haftung für jede vom Schuldner zu vertretende Verletzung einer Leistungspflicht, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Haupt- oder Nebenpflicht oder einen originären oder Hilfsanspruch handelt. Hierzu zählen auch Leistungspflichten aus dinglichen Ansprüchen. Als unselbständiger Hilfsanspruch dient § 888 BGB der Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruches durch die Erwirkung der grundbuchlich notwendigen Bewilligung des Betroffenen. Der Vormerkungsschuldner ist hierzu nicht in der Lage, da er die erforderlichen Erklärungen nicht selbst abgeben kann. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist der durch die verzögerte Zustimmung des vormerkungswidrig Eingetragenen entstehende Schaden eine Folge dessen Pflichtverletzung und nicht einer solchen des Vormerkungsschuldners. Allein Ersterer kann den der Vormerkung entsprechenden Rechtszustand herbeiführen und und ist daher in § 888 BGB auch gesetzlich zur Abgabe der erforderlichen Erklärungen verpflichtet.

 

 

Nicht notariell bestelltes dingliches Vorkaufsrecht

BRAWO-Artikel vom 17.07.2016

 

Die zur Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechtes gem. § 1094 BGB nach § 873 BGB erforderliche Einigung muss nicht notariell beurkundet werden. Mit Urteil vom 08.04.2016 – V ZR 73/15 – hat der BGH seine entgegenstehende Rechtsprechung aufgegeben.

 

Im vorliegenden Fall war ein an der Straße liegendes Grundstück an die Beklagte verkauft worden, welche, was jedoch in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag fand, zugunsten des hinteren Grundstückes ein Geh- und Fahrrecht einräumen sollte und im Gegenzug hierzu in Bezug auf dieses Grundstück ein auf den ersten Verkauf beschränktes dingliches Vorkaufsrecht erhalten sollte. Nach der jeweiligen Eintragungsbewilligung wurden beide Rechte in die Grundbücher eingetragen. Anlässlich eines anderweitigen Verkaufs des hinteren Grundstückes übte die Beklagte ihr Vorkaufsrecht aus. Die auf Bewilligung der Löschung desselben gerichtete Klage wurde nach Auffassung des BGH zu Recht abgewiesen.

 

Insbesondere stand dem Kläger kein Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB zu. Dass die dingliche Einigung über die Belastung des Grundstückes nicht notariell beurkundet worden war, erachtete der BGH hierbei als unschädlich. Zwar bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, gem. § 311 b Abs.1 S.1 BGB der notariellen Beurkundung und ist anderenfalls nichtig. Gem. S.2 dieser Regelung kann der Formmangel jedoch durch Einigung und Eintragung des dinglichen Rechts in das Grundbuch geheilt werden. Die dingliche Einigung bedarf nach nunmehriger Auffassung des BGH - anders als das darauf gerichtete Verpflichtungsgeschäft - nicht der notariellen Beurkundung, nachdem selbst die Auflassung nach § 925 Abs. 1 BGB als Einigung i.S.v. § 873 BGB über die Übertragung des Eigentums nicht beurkundet, sondern nur vor der zuständigen Stelle erklärt werden muss.

 

 

Steuerhinterziehung durch private Dienstwagennutzung

BRAWO-Artikel vom 03.07.2016

 

Mit Beschluss vom 01.12.2015 – 1 StR 273/15 - hat der BGH die Verurteilung des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft wegen Steuerhinterziehung durch ganz überwiegend private Kfz-Nutzung hochpreisiger Pkw im Schuldspruch bestätigt.

 

Insbesondere hatte die Strafkammer des Landgerichts zutreffend sämtliche für diese im Veranlagungszeitraum angefallenen Aufwendungen wie Leasing-, Reparatur und sonstige Unterhaltskosten als verdeckte Gewinnausschüttungen gewertet. Demzufolge wurden zutreffend die Bruttofahrzeugkosten als den Gewinn der Gesellschaft erhöhend und die tatsächlich von dieser getragenen Aufwendungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S.2 EStG gewertet. Nach dem BFH handelt es sich bei einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 S.2 KStG um eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung, die sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 S.1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht, dabei aber die objektive Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug gem. § 20 Abs. Nr. 1 S.2 EStG auszulösen. Hierbei ist eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis regelmäßig dann anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie nach der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte, sog. „Fremdvergleich“. So ist regelmäßig nur dann die Nutzung des der Gesellschaft gehörenden Fahrzeugs betrieblich veranlasst, wenn dieser eine fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung zugrunde liegt. Demgegenüber halten – wie hier - insbesondere die unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit ohne Gestattung oder Regelung von Art und Umfang der Fahrzeugnutzung sowie die fehlende Führung eines Fahrtenbuches dem Fremdvergleich nicht stand und haben daher indizielle Wirkungen einer verdeckten Gewinnausschüttung. Als eine solche führte die unentgeltliche Nutzungsüberlassung zu einem sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S.2 EStG, welchen der Angeklagte in seiner Einkommenssteuererklärung nicht angegeben und sich daher der Steuerhinterziehung schuldig gemacht hatte.

 

 

Verlesung polizeilicher Observationsberichte

BRAWO-Artikel vom 19.06.2016

 

Nach § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO können in der Hauptverhandlung Protokolle sowie in einer Urkunde enthaltene Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen, soweit diese nicht eine Vernehmung zum Gegenstand haben, verlesen werden. Ob dies auch für polizeiliche Observationsberichte gilt, hat der BGH im vorliegenden Fall auf die Verfahrensrüge einer Verletzung des § 250 S. 2 StPO entschieden.

 

Mit Beschluss vom 08.03.2016 – 3 StR 484/15 – hat dieser sich vollumfänglich den Ausführungen des Generalbundesanwalts angeschlossen, wonach polizeiliche Observationsberichte grundsätzlich gemäß § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO verlesen werden können. Bereits der Wortlaut ergäbe keine Herausnahme derselben, noch sei dieser ausschließlich auf „Routinemaßnahmen“ beschränkt. Auch den Gesetzesmaterialien sei vielmehr das Ziel einer Entlastung der Strafverfolgungsbehörden und der Hauptverhandlung zu entnehmen. Wenngleich etwa „Routinevorgänge“ ein Motiv des Gesetzgebers ausdrückten, folge hieraus keine inhaltliche Beschränkung. Vielmehr würden schließlich auch auf Observationsberichte zu den nach § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO verlesbaren „Routinevorgängen“ gerechnet. Insofern seien sie vergleichbar etwa mit Durchsuchungs– und Festnahmeberichten. Auch die Gesetzessystematik ergäbe keinen Ausschluss für die Verlesbarkeit von Observationsberichten. Ganz im Gegenteil würden etwa von Nr. 1 und 2 des § 256 Abs. 1 StPO gerade auch Behörden– und Ärzteerklärungen erfasst, die keine Routinevorgänge betreffen. Schließlich war auch dem Sinn und Zweck der Regelung kein Ausschluss der Verlesbarkeit derartiger Berichte zu entnehmen. Gerade kleine Details wie etwa Zeitangaben zu für sich gesehen wenig eindrücklichen einzelnen Beobachtungsvorgängen, die erst nachträglich in einem größeren Zusammenhang Bedeutung gewinnen können, werden schließlich in einer zeitnahen Verschriftung oft zuverlässiger bekundet als etwa lange Zeit danach aus dem Gedächtnis rekapituliert.

 

Ob indes die alleinige Verlesung zur Wahrheitsfindung reicht oder darüber hinaus die Vernehmung des Observationsbeamten erforderlich ist, sei letztendlich keine Frage der Zulässigkeit der Beweiserhebung nach § 256 StPO, sondern der Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO.

 

 

Anordnung der Betreuung zu Grundstücksveräußerung

BRAWO-Artikel vom 05.06.2016

 

Für den Fall, dass dem Vorsorgeberechtigten lediglich eine privatschriftliche, d.h. weder notarielle noch notariell beglaubigte Vorsorgevollmacht erteilt ist, besteht ein Bedürfnis für die Bestellung eines Betreuers gem. § 1896 BGB zur Veräußerung eines Hausgrundstückes des Betreuten. Dies gilt selbst dann, wenn die Notwendigkeit hierzu noch nicht endgültig feststeht.

 

Dies hat der BGH mit Beschluss vom 03.02.2016 zum Az XII ZB 454/15; XII ZB 307/15 entschieden. Die Betroffene 88-jährige Demenzerkrankte hatte einer ihrer Töchter eine Vorsorgevollmacht erteilt, aufgrund deren diese beabsichtigte, vor allem wegen der nicht gedeckten laufenden Pflege- und Heimkosten das Hausgrundstück der Betroffenen zu verkaufen. Gegen die daraufhin erfolgte Bestellung eines Berufsbetreuers mit dem Aufgabenkreis der „Prüfung und Entscheidung über Verkauf oder Vermietung und Verwaltung der Immobilie“ sowie „Geltendmachung von Rechten der Betreuten gegenüber ihrer Bevollmächtigten“ wandte sich die mit der Bevollmächtigten zerstrittene Schwester unter Hinweis auf eine von ihr zugleich angebotene „Schuldübernahmeerklärung“ zur Begleichung etwaiger Fehlbeträge für den Fall der finanziellen Unterversorgung.

 

Nach Auffassung des BGH war die Betreuung zu Recht erfolgt: Wenngleich die Bevollmächtigte zwar aufgrund der ihr erteilten, gem. § 167 Abs. 2 BGB formlos gültigen Vorsorgevollmacht auch zum rechtswirksamen Verkauf des Hausgrundstückes nebst Auflassung imstande war, bestand dennoch mit Blick auf den zum Eigentumsübergang erforderlichen Grundbuchvollzug und den hierfür in § 29 GBO angeordneten Nachweis der Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden ein Betreuungsbedarf. Für den konkreten Bedarf anhand der jeweiligen Lebenssituation der Betreuten war das Vorliegen eines aktuellen Handlungsbedarfs auch nicht zwingend erforderlich, sondern vielmehr ausreichend, dass dieser jederzeit eintreten kann und für diesen Fall die Besorgnis besteht, dass ohne die Betreuung nicht das Notwendigste veranlasst wird. Bereits die nähere und fortlaufende Überprüfung und Abwägung der Vermietungs- oder auch Verkaufsoption war der Bevollmächtigten ohne Interessenkonflikte mit der zerstrittenen Schwester zum Wohle der Betroffenen nicht möglich. Nachdem diese zum Zwecke der Veräußerung des Hausgrundstückes bereits selbst die Betreuung angeregt hatte, war die entsprechende Anordnung der Betreuung als Regelbetreuung ohne vorherige Anordnung einer „Kontrollbetreuung“ auch nicht etwa unverhältnismäßig.

 

 

Zulässigkeit späterer Teilung eines Erbbaurechtes

BRAWO-Artikel vom 22.05.2016

 

Ein Erbbaurecht ist in zwei selbstständige Erbbaurechte teilbar, wenn dies eine Gesamtbetrachtung aller, insbesondere der notariellen, Vertragsregelungen zulässt. Dies hat das OLG Düsseldorf, I-3 Wx 287/15, unter dem 21.01.2016 auf eine Grundbuchbeschwerde in folgendem Sachverhalt entschieden: Nachdem zunächst ein einheitliches Erbbaurecht für den Bau eines Sportbewegungs- und Gesundheitszentrums bestellt worden war, ergaben sich für die Erbbauberechtigte Umsetzungsschwierigkeiten. Aufgrund dessen kamen die Beteiligten überein, den Erbbaurechtsvertrag dahin anzupassen, dass eine Teilfläche des Erbbaurechts auf einen Dritten übertragen werden, der Rest jedoch bei dem ursprünglichen Erbbauberechtigten verbleiben sollte. Hierbei sollte der Dritte zum Zwecke der Errichtung einer Tageseinrichtung für Kinder noch eine weitere Teilfläche eines anderen Grundstückes des Eigentümers erhalten.

 

Den grundbuchlichen Vollzug jeweils selbständiger Erbbaurechte anhand der notariell beurkundeten Vereinigungs-, Teilungs- und Änderungsanträge versagte das Grundbuchamt. Der ursprüngliche Erbbaurechtsvertrag könne seinem Inhalt nach nicht getrennt werden, da die Bebauung mit dem Sportbewegungs- und Gesundheitszentrum eine rechtlich-wirtschaftliche Einheit darstelle, die nicht trennbar sei. Das Beschwerdegericht gelangte indes im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhangs aller von den Beteiligten vereinbarten Regelungen zu einer Teilbarkeit des Erbbaurechts. Nachdem die Beteiligten ihre Anträge miteinander verbunden hatten, schied eine isolierte Betrachtung der einzelnen Anträge aus. Da das Erbbaurecht ausschließlich erstrangig bestellt werden kann, war zunächst die Teilung des Grundstückes Voraussetzung für eine Teilung des Erbbaurechtes. Weiter bedurfte es der eigentlichen Teilung des Erbbaurechtes durch Erklärung des Erbbauberechtigten und entsprechende Eintragung im Grundbuch, wobei die hierbei entstehenden einzelnen Erbbaurechte jeweils einen nach § 1 ErbbauRG zulässigen Inhalt haben, insbesondere das Recht zum Haben eines selbstständigen, in Natur teilbaren Bauwerks enthalten müssen. Schließlich war auch der Inhalt des Bauens und Betreibens eines Sportbewegungs- und Gesundheitszentrums und damit der (Rechts-)Inhalt des ursprünglich bestehenden Erbbaurechtes i.S.v. § 2 Nr. 1 ErbbauRG teilbar. Dies ergab sich aus dem geänderten späteren Gesamtkonzept in Gestalt aller notariellen Verträge, wonach die Erbbauberechtigten nach Anpassung des verbliebenen Erbbaurechtes und einvernehmlicher Inhaltsbestimmung des entstandenen neuen (Gesamt-)Erbbaurechtes nicht mehr nur befugt waren, ein einziges Zentrum zu errichten und zu betreiben, sondern auch zwei Bauwerke zu jeweils unterschiedlichen Zwecken.

 

 

Neue Wertgrenze für Steuerhinterziehung in "großem Ausmaß"

BRAWO-Artikel vom 08.05.2016

 

Mit Urteil vom 27.10.2015 – 1 StR 373/15 hat der BGH die bislang für „Steuerhinterziehung in großem Ausmaß“ gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO geltende Wertgrenze von bislang 100.000,00 EUR auf über 50.000,00 EUR gesenkt. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte hatte, beginnend ab März 2006, nach Übernahme der Pizzeria seines Onkels dessen Steuermanipulationssystem wie folgt übernommen: Hiernach wurde ein Teil der Umsätze in den Registrierkassen vor Ausdruck des Bons gelöscht, ein Teil der Einkäufe bei seinen Lieferanten in bar abgerechnet, der andere Teil über Rechnungen, die für die Buchhaltungsunterlagen bestimmt waren. Auf diese Weise verkürzte er im Veranlagungszeitraum 2006 die Umsatzsteuer und Gewerbesteuer mit einem insgesamt strafzumessungsrelevantem Steuerschaden von 38.637,00 EUR, im Veranlagungszeitraum 2007 mit einem sich hieraus ergebenden Steuerschaden von 80.610,00 EUR sowie in den Jahren 2008 bis 2009 in Höhe von 60.858,00 EUR. Für die in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen tateinheitlich begangenen Steuerhinterziehungen wurde im Rahmen der Gesamtstrafenbildung die Einsatzstrafe der Steuerhinterziehung im Veranlagungszeitraum 2007 aus dem Strafrahmen des Regelbeispiels einer Steuerverkürzung in großem Ausmaß gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO entnommen und der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Hierbei ist die Strafkammer nach der nunmehrigen Rechtsprechungsänderung des BGH zurecht davon ausgegangen, dass die Schwelle zur Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ bereits dann überschritten ist, wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt steuerlich erhebliche Tatsachen verschweigt und damit den Steueranspruch in einer Höhe von mehr als 50.000,00 EUR gefährdet. Nach bisheriger Rechtsprechung des BGH lag die Wertgrenze in diesen Fällen bei 100.000,00 EUR. Hierbei wurde bislang danach differenziert, ob sich das Verhalten des Täters darauf beschränkte, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis zu lassen und dies lediglich zu einer Gefährdung des Steueranspruches führt. Hieran hält der Senat nicht mehr fest und nimmt nunmehr eine einheitliche Wertgrenze von über 50.000,00 EUR für jede Form der Steuerhinterziehung an. Die bislang zur Begründung unterschiedlicher Wertgrenzen bemühte Parallele zum besonders schweren Fall des Betruges mit einem Vermögensverlust großen Ausmaßes gemäß § 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB bestehe bereits deshalb nicht, weil ein vollendeter Betrug bereits seinem Wortlaut nach den Eintritt eines Vermögensschadens – auch in Fällen der sogenannten „schadensgleichen Vermögensgefährdung“ - voraussetze, demgegenüber für den Tatbestand der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 4 Satz 2 AO lediglich eine Gefährdung des Steueraufkommens genüge.

 

 

Steuerschulden aus Steuerhinterziehung als Nachlassverbindlichkeiten

BRAWO-Artikel vom 24.04.2016

 

Eine vom Erblasser hinterzogene Einkommenssteuer, die nach dem Erbfall nicht festgesetzt worden war, kann der Erbe gem. Entscheidung des BFH, Urt. v. 28.10.2015, II R 46/13 - auch bei rechtzeitiger Unterrichtung des Finanzamtes nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehen.

 

Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin Kapitalerträge aus einem u.a. in Luxemburg angelegten Kapitalvermögen von ca. 2,8 Mio. EUR bei ihrer Einkommenssteuererklärung nicht angegeben. Nach Klärung der Erbfolge offenbarte der zu ½ erbberechtigte Enkel ihr Vermögen und erklärte im Jahr 2006 gegenüber dem zuständigen Finanzamt die nicht versteuerten Zinseinkünfte für die Jahre 1993 bis 2002 nach. Über die Höhe verständigten sich die Beteiligten im Tatsächlichen. Unter der fehlerhaften und auch vom Erben später nicht korrigierten Annahme, die z.T. ohne Währung angegebenen Beträge seien DM-Beträge, rechnete das Finanzamt diese zugunsten der Erben (nochmals) in Euro um und setzte lediglich eine Einkommenssteuernachzahlung i.H.v. ca. 151.000,00 EUR fest. In seiner Erbschaftssteuererklärung hingegen erklärte der Erbe Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeit in voller Höhe von 370.000,00 EUR, deren Berücksichtigung er nach Erlass des Erbschaftssteuerbescheides im Jahr 2011 in Höhe der Differenz der hierin berücksichtigten tatsächlich festgesetzten zu den materiell zutreffenden Steuerverbindlichkeiten nach Eintritt der Festsetzungsverjährung auf dem Klagewege weiterverfolgte – letztendlich ohne Erfolg. Zwar sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG die auf den Erben übergegangenen persönlichen Steuerschulden des Erblassers ohne Rücksicht auf ihre Festsetzung als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen. Indes setzt nach Auffassung des BFH der Abzug über den Wortlaut hinaus voraus, dass die Steuerschuld zum Todeszeitpunkt des Erblassers nicht nur bereits entstanden war, sondern – entsprechend dem Bereicherungsprinzip - zu diesem Zeitpunkt bereits eine wirtschaftliche Belastung dargestellt hat. An einer wirtschaftlichen Belastung im Todeszeitpunkt fehlt es jedoch, wenn bei objektiver Würdigung der Verhältnisse der Steuergläubiger seine Forderung nicht geltend machen konnte, etwa weil die im Ausland erzielten Einkünfte dem Finanzamt verschwiegen wurden oder die Unterrichtung über die Steuerangelegenheit nicht so rechtzeitig erfolgt, dass eine Rückbeziehung auf den Zeitpunkt der Entstehung möglich ist. Unabhängig von diesem Zeitpunkt stellen hinterzogene Steuern, die tatsächlich nicht festgesetzt wurden und auch später nicht festgesetzt werden, keine endgültige wirtschaftliche Belastung und damit keine Nachlassverbindlichkeiten dar.

 

 

Kein ewiges Widerrufsrecht für Immobiliendarlehensverträge

BRAWO-Artikel vom 10.04.2016

 

Mit Beschluss des Deutschen Bundestages, BT-DrS. 84/16 vom 19.02.2016 wurde das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften in der Sitzung vom 18.02.2016 mit den hieraus ersichtlichen Änderungen angenommen. Es ist am 21.03.2016 nach Passieren des Bundesrates in Kraft getreten.

 

Für die zwischen dem 01.09.2002 und dem 10.06.2010 abgeschlossenen Immobiliendarlehensverträge gem. § 492 Abs. 1a S.2 des BGB a.F. (bis einschl. 10.06.2010) erlischt gemäß der in Art. 229, § 38 Abs. 3 EGBGB eingefügten Übergangsregelung ein fortbestehendes Widerrufsrecht spätestens 3 Monate nach dem 21.03.2016, wenn das Fortbestehen des Widerrufsrechts darauf beruht, dass die dem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Anforderungen des BGB nicht entsprochen hat. Bei Haustürgeschäften gilt dies nur dann, wenn die beiderseitigen Leistungen aus dem Verbraucherdarlehensvertrag bei Ablauf des 21.03.2016 vollständig erbracht worden sind, anderenfalls erlöschen die fortbestehenden Widerrufsrechte erst einen Monat nach vollständiger Erbringung der beiderseitigen Leistungen aus dem Vertrag.

 

Außerhalb des Geltungsbereichs dieser Übergangsregelung wird mit der Neufassung des § 356b Abs. 2 und 3 BGB der Fristbeginn für das Widerrufsrecht ab Nachholung der Pflichtangaben zum Widerrufsrecht gem. § 492 Abs. 6 BGB mit einer dann geltenden Widerrufsfrist von einem Monat neu gefasst. Bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag erlischt das Widerrufsrecht spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss oder nach dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt, wenn dieser nach dem Vertragsschluss liegt. Abs. 1 des § 356 b BGB stellt hierbei auf den Zeitpunkt ab, in dem der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für ihn bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder jeweils eine Abschrift hiervon zur Verfügung gestellt hat.

 

 

Bedürfnis waffenrechtlicher Erlaubnis für Bewachungsunternehmer

BRAWO-Artikel vom 27.03.2016

 

Gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Waffengesetz (WaffG) wird ein Bedürfnis zum Führen von Schusswaffen bei einem Bewachungsunternehmer i.S.d. § 34 a der Gewerbeordnung anerkannt, wenn er glaub­haft macht, dass Bewachungsaufträge wahrgenommen werden oder wer­den sollen, die aus Grün­den der Sicherung einer gefährdeten Person i.S.d. § 19 WaffG oder eines gefährdeten Objektes Schusswaffen erfordern, um diese Gefährdung zu mindern.

 

Im vorliegenden Fall hatte der klagende Bewachungsunternehmer die Verlängerung der Geltungs­dauer zweier Waffenscheine beantragt, die – nach Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2015 - 6 C 67.14 - zu Recht mit der Begründung abgewiesen wurde, dass Waf­fenscheine nur noch als Einzelgenehmigungen für konkrete Bewachungsaufträge und nicht mehr als „Firmen-Waffenscheine“ für sämtliche Bewachungsaufträge eines Überwachungsunterneh­mers er­teilt wer­den dürfen. Dies setzt einen konkreten Bewachungsauftrag voraus, der sich auf eine be­stimmte gefährdete Person oder ein bestimmtes gefährdetes Objekt bezieht. Eine allgemeine, unternehm­ensbezogene Erlaubnis, die es demgegenüber dem Unternehmer überlassen würde, zu entschei­den, ob bei einem konkreten Auftrag die Schusswaffe geführt werden soll, weil nach dorti­ger Ein­schätzung die zu sichernde Person oder das versicherte Objekt gefährdet und daher die mitgeführ­te Schuss­waffen erforderlich ist, wird hiernach gerade ausgeschlossen. Zur Glaubhaftmachung dieses spe­zifischen waffenrechtlichen Bedürfnisses bedarf es vielmehr der Benennung konkreter Personen und Objek­te, für die Bewachungsaufträge wahrgenommen werden. Ob für diese etwa die Voraus­setzungen des § 19 WaffG, d.h., eine wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch An­griffe auf Leib oder Leben gefährdete Person, vorliegen, lässt sich nur personenspezifisch anhand deren indivi­duellen Verhältnisse ermitteln. Gleiches gilt für die Gefähr­dung von Objekten. Hieraus folgt, dass letztendlich nur nach entsprechenden Feststellungen ein Waffenschein nur als Einzeler­laubnis für konkrete Aufträge erteilt werden kann. Die entsprechende Beurteilung, ob Gegenstand der Bewa­chungsaufträge Personen oder Objekte sind, zu deren Sicherung Schusswaffen mitge­führt werden müssen, obliegt allein der Behörde, nicht jedoch dem Bewachungsunternehmer. Ge­stützt wird diese am Wortlaut orientierte Auslegung des § 28 Abs. 1 WaffG durch die Systematik der möglichen Beschränkungen des Geltungsbereiches von Waffenscheinen.

 

 

Würdigung zeitweisen Schweigens des Angeklagten

BRAWO-Artikel vom 13.03.2016

 

Im vorliegenden Fall hatte die Strafkammer des Landgerichts mehrere Angeklagte, die sich bislang nicht zur Sache eingelassen hatten, verurteilt mit u.a. der Begründung, dass den Aussagen der je­weiligen Alibizeugen kein Wert beizumessen war. Demgegenüber stützte sie die Überzeugung von der Täterschaft auf das Geständnis eines weiteren Angeklagten. Dies begründete sie u.a. da­mit, dass „nichts näher gelegen“ habe, als die Alibizeugen bereits im Er­mittlungsverfahren oder zu­mindest in der Hauptverhandlung spätestens nach Vernehmung der Op­ferzeugen zu benennen, anstatt, wie vorliegend, sich erst nach längerem Verlauf der Hauptver­handlung, und erst mit entsprechendem Beweisantrag des Vertei­digers nach einem ersten Schluss der Be­weisaufnahme auf sie zu berufen.

 

Dies verstößt gem. Beschluss des BGH vom 07.09.2015 – 3 StR 11/15 – gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten. Diesem kann der Zeitpunkt, zu dem er sich erstmals zur Sache einlässt, ebensowenig wie der Gebrauch des Schweigerechtes schlechthin, nicht zum Nachteil gerei­chen. Dies gilt erst recht für den Zeitpunkt eines vom Verteidiger gestellten Beweis­antrages.

 

Weder aus einer durchgehenden noch etwa aus einer anfänglichen Aussageverweigerung dürfen nachteilige Schlüsse gezogen werden. Erst recht darf aus dem Zeitpunkt, zu dem ein Verteidiger einen Beweisantrag stellt, nichts zum Nachteil des bis dahin schweigenden Angeklagten hergelei­tet werden. Vielmehr ist der Verteidiger neben dem Angeklagten selbständig berechtigt, u.a. Be­weisanträge zu stellen, sogar gegen den offenen Widerspruch des Angeklagten. Hierbei muss der Antrag nicht mit der Einlassung des Angeklagten übereinstimmen, und kann sogar die unter Be­weis gestellte Behauptung auch einem Geständnis des Angeklagten widersprechen. Vor allem darf dementsprechend der Antrag des Verteidigers sowie die hierzu abgegebene Begründung nicht ohne Weiteres als Einlassung des Angeklagten behandelt werden, es sei denn, dieser erklärt aus­drücklich, sich das Vorbringen zu Eigen machen zu wollen. Auch dies war den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Dementsprechend war das Urteil aufzuheben und über den Tatvorwurf neu zu ver­handeln.

 

 
Gesamthänderische Bindung auch nach Erbanteilserwerb

BRAWO-Artikel vom 28.02.2016

 

Übertragen mehrere Miterben ihre Anteile am Nachlass jeweils zu gleichen Bruchteilen auf mehre­re Erwerber, so entsteht zwar innerhalb der jeweiligen Erbteile eine Bruchteilsgemeinschaft. Bezo­gen auf den Nachlass selbst bleiben die Inhaber der jeweiligen Erbteile indes gesamthänderisch verbunden mit der Folge, dass sie in das Grundbuch eines zum Nachlass gehörenden Grund­stückes mit dem Zusatz „in Erbengemeinschaft“ als Eigentümer eingetragen werden. Eine Eintra­gung als Miteigentümer, d.h., Bruchteilseigentümer, ist nur nach entsprechender Erbauseinander­setzung nebst Auflassung möglich.

 

Dies hat der BGH mit Beschluss vom 22.10.2015 – V ZB 126/14 in folgendem Fall entschieden: Die Erben hatten ihre beiden Erbanteile jeweils zur Hälfte an die Beteiligten zu 1. und 2. übertra­gen. Diese wurden hinsichtlich des zum Nachlass gehörenden Grundstückes als Miteigentümer zu je ½ mit dem Zusatz „in Erbengemeinschaft“ in das Grundbuch eingetragen. Dieser Zusatz erfolgte zu Recht: Die Veräußerung sämtlicher Miteigentumsanteile führte zwar zur Entstehung einer Bruchteilsgemeinschaft an den jeweilig erworbenen Erbanteilen innerhalb der bestehenden Ge­samthandsgemeinschaft. Diese wurde nach Auffassung des BGH auch bei vollständiger Aus­wechslung ihrer Mitglieder fortgesetzt, so dass es zur Eintragung als Miteigentümer zu je ½ der Auseinandersetzung des Nachlasses nebst Auflassung bedurfte. Nach der Regelung des § 2033 Abs. 2 BGB darf ein Miterbe nicht über „seinen Anteil“ an einzelnen Nachlassgegenständen verfü­gen, indes im Interesse der Erhaltung der Verkehrsfähigkeit seinen Anteil am Nachlass als solchen übertragen. Dies führt dazu, dass im Falle der Erbteilsveräußerung der Veräußerer aus der Ge­samthandsgemeinschaft mit den übrigen Miterben ausscheidet und diese mit dem Erwerber fortge­führt wird. Hieran besteht nur dann kein Bedürfnis mehr, wenn etwa ein Miterbe oder Dritter sämtli­che Erban­teile in seiner Person vereinigt und damit quasi die Rechtsstellung eines Alleinerben er­wirbt. Eine Auseinandersetzung mit Mitberechtigten ist dann nicht mehr zu erwarten.

 

 

Verjährungshemmung nach Güteverfahren 



BRAWO-Artikel vom 14.02.2016

 

Endet ein Güteverfahren i.S.d. § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB nach der Mitteilung des Schuld­ners, am Verfahren nicht teilzunehmen, so endet die Hemmung der Verjährung sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem die Gütestelle die Bekanntgabe der Erfolglosigkeitsbescheinigung an den Gläu­biger veran­lasst hat. In vorliegendem Fall hatte die Klägerin als Alleinerbin des im August 2011 verstorbenen Erblassers von dem beklagten Lebens­versicherer die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Verlet­zung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Lebensversicherungs­vertrages geltend gemacht. Der Erblasser selbst hatte noch zu Lebzeiten über seinen Anwalt bei der staatlich anerkannten Güte­stelle einen Güteantrag eingereicht, von dem die Beklagte am 17.03.2010 unterrichtet worden war. Das Schreiben der Beklagten, in welchem diese mitteilte, an dem Güteverfahren nicht teilzuneh­men, stellte die Gütestelle am 20.04.2010 mit am 21.04.2010 eingegangenem Schreiben den Prozessbevollmäch­tigten des Erblassers zu. Die am 16.10.2012 beim Landgericht eingereichte Klage wurde der Beklagten am 04.01.2013 zugestellt. Nach Auffas­sung des BGH, Urteil vom 28.10.2015 – IV ZR 405/14 – war diese nicht in verjährter Zeit erhoben: Nach dem maßgeblichen Übergangsrecht zur Neuregelung der Verjährungsfristen lief diese erst zum Jahresende 2011 ab. Mit dem noch am 31.12.2009 eingereichten Güteantrag trat zu­nächst eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. BGB ein. Da der Antrag der Beklagten »dem­nächst« bekanntgegeben wurde, wirkte die Bekanntgabe des Güteantrages erst am 17.03.2010 noch auf den 31.12.2009 zurück. Zu diesem Zeitpunkt begann der Hemmungszeitraum durch das Güteverfahren. Dieses bewirkte eine Hemmung der Verjährung bis sechs Monate nach dem Zeit­punkt der Veranlassung der Bekanntgabe der Einstellungsverfügung an den Kläger. Für den Beginn der sechsmonatigen »Nachlauffrist« des § 204 Abs. 2 S. 1 BGB kam es daher we­der auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe noch etwa den Tag der Verfahrenseinstellung bzw. Beendi­gung des Güteverfahrens an. Nach dem BGH ist im Anwendungsbereich des § 204 BGB im Regel­fall auf den Zeitpunkt der Veranlassung der Bekanntgabe durch die Gütestelle an den Gläubiger abzustellen. Entsprechend dem Zweck der Regelung, diesem insbesondere dann, wenn im Verfah­ren keine Sachentscheidung ergeht, eine weitere Frist für weitere Rechtsverfolgungsmaßnah­men zu geben, setzt dies die Kenntnis des Gläubigers von der Verfahrensbeendigung voraus. Anzu­knüpfen ist im Güteverfahren allerdings nicht an den Zugang der Erfolglosigkeitsbescheinigung beim Gläubiger, der wegen der nicht vorgeschriebenen förmlichen Zustellung oft nicht nachweisbar ist, sondern an den bei der Gütestelle aktenmäßig nachprüfbaren Zeitpunkt der Veranlassung ihrer Bekanntgabe.

 

 

Beweisführung mit "Täterwissen" und "Vorwegverteidigung" 



BRAWO-Artikel vom 31.01.2016

 

Allein die Widerlegung eines bewusst wahrheitswidrigen Entlastungsvorbringens ist in aller Regel kein zuverlässiges Indiz für die Täterschaft. An ein sogenanntes „Täterwissen“ und die Annahme einer „Vorwegverteidigung“ sind strenge Anforderungen zu stellen.

 

Im vorliegenden Fall hatte das zuständige Landgericht die Angeklagte wegen schwerer Brandstif­tung durch Inbrandsetzung des Dachbodens des von ihr mitbewohnten Mehrfamilienhauses für schul­dig erachtet und die Verurteilung darauf gestützt, dass sie in einem Gespräch mit dem Poli­zeibeamten am Tatabend „Täterwissen offenbart“ habe, nachdem sie dem gegen sie bereits zuvor in ei­ner Brandsache ermittelnden Polizeibeamten gegenüber auf dessen Hinweis, dass der Brand wohl auf dem Dachboden ausgebrochen sei, folgendes erklärt habe. Dieser sei verschlossen und sie besitze hierfür keinen Schlüssel. Eine etwa eine Woche später erfolgte Durchsuchung ihrer Wohnung ergab den Schlüssel zum Dachboden. Auf die Revision hin hob der BGH mit Be­schluss vom 30.09.2015 – 1 StR 445/15 – das Urteil auf. Ausschlaggebend hierfür waren in sachlich-rechtlicher Hinsicht Rechtsfehler des Tatgerichts bei der Beweiswürdigung. Insbesondere war der Schluss auf angebliches Täterwissen widersprüchlich und lückenhaft: Nachdem insbesondere der bereits zuvor gegen die Angeklagte ermittelnde Polizeibeamte diese auf den im Dachboden ausge­brochenen Brand angesprochen hatte, konnte allein in der Benen­nung des Dachbodens durch die­se kein Täterwissen gesehen werden, zumal währenddessen die am noch qualmenden Dachstuhl statt­findenden Löscharbeiten erfolgten. Die Ausführungen des Landgerichtes, die Angeklagte habe sich ohne die Erwähnung des Dachbodens zu diesem als Brandort verhalten, stand hierzu in einem nicht aufgelösten Wider­spruch. Auch der Hinweis auf den verschlossenen Dachboden und einen hierzu fehlenden Schlüssel durch die Angeklagte habe das Landgericht nicht etwa als „Vorwegver­teidigung“ rechtsfehlerfrei werten dürfen. Insbesondere war hieraus nicht etwa auf die Kenntnis des genauen Ta­tablaufs sicher zu schließen. Offen blieb insbesondere, ob dies nicht allein ein ent­lastender Hin­weis der Angeklagten gerade gegenüber demjenigen Polizeibeamten war, welcher bereits zuvor gegen sie in einer früheren Brandsache ermittelt hatte und ganz offensichtlich durch die entspre­chende Ansprache am Tatabend ihr gegenüber bereits einen „vagen Verdacht“ geäu­ßert hatte. Vor diesem Hintergrund wäre nicht ausgeschlossen, dass die Äußerung der Ange­klagten der Ausräumung eines gegen sie im Raume stehenden Verdachtes diente. Die Widerle­gung dieses bewusst wahrheitswidrigen Entlastungsvorbringens stellte daher kein zu­verlässiges Indiz für die Täterschaft der Angeklagten dar.

 

 

Grundbucheinsicht zwecks Presserecherche 



BRAWO-Artikel vom 17.01.2016

 



In dem der Entscheidung des OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.10.2015 – I-3 Wx 179/15 – zugrunde liegenden Fall begehrte die Antragstellerin für die bei ihr tätigen Journalisten Einsicht in die beim Amtsgericht geführten Grund­akten einer Gesellschaft und deren Tochter-GmbH, die zu 100 % im Eigentum der städtischen Sparkasse stand. Zur Begründung führte sie an, dass der Verdacht be­stehe, dass diese von dem Risiko überbe­werteter Immobilien betroffen sei, was von Einfluss auf die Wirtschaftskraft der Stadt und deren Spar­kasse sei, was wiederum für die Öffentlichkeit von Bedeutung sei – mit Erfolg:

Über den allgemeinen, dem Rechtsverkehr mit Grundstücken dienenden Regelungs­zweck hinaus kann das nach § 12 Abs. 1 GBO erforderliche berechtigte Interesse an der Grundbucheinsicht auch zugunsten der Presse bestehen. Dieses presserechtliche Interesse untersteht dem besonde­ren Schutz des Art. 5 Abs. 2 GG. Dieser schützt nach der Rechtsprechung des BVerfG auch den Bereich der Informationsbeschaffung. Begehrt ein Pressevertreter unter Beru­fung hierauf Grund­bucheinsicht, so hat das Grundbuchamt zu prüfen, ob die Einsichtnahme geeig­net ist, dem Infor­mationsanliegen Rechnung zu tragen, d.h., ob das Informationsinteresse sich auf Rechte der im Grundbuch Eingetragenen bezieht und die Einsichtnahme auf das zur Recherche Erforderliche be­grenzt ist, insbesondere, ob die gewünschten Informationen unter geringerer Be­einträchtigung des Persönlichkeitsschutzes des Eingetragenen erlangt werden können. Hierbei hat jedoch das Grund­buchamt stets das Gebot staatlicher Inhaltsneutralität zu beachten, woraus folgt, dass eine Abwä­gung mit den Interessen des Eingetragenen an der Nichtzugänglichkeit der Daten hierbei ausge­schlossen ist. Indes kann der Verwertungszweck bedeutsam sein, insbesonde­re, ob die Fragen die Öffentlichkeit wesentlich angehen, ernsthaft und sachbezogen erörtert wer­den oder lediglich priva­te Angelegenheiten zur Befriedigung von Neugier ausgebreitet werden sol­len. Hierbei hat das Zu­gangsinteresse stets Vorrang, wenn es um Fragen geht, welche die Öffent­lichkeit wesentlich ange­hen. Das Einsichtsgesuch unterlag als Teil der publizistischen Vorberei­tungstätigkeit dem Schutz der Pressefreiheit, der schutzwürdige Belange der im Grundbuch eingetragenen Gesellschaften nicht entgegenstanden. Insbesondere unterlag auf­grund des Gebots staatlicher Inhaltsneutralität der Inhalt nicht der Bewertung durch das Grund­buchamt, zumal die Presse regelmäßig auch auf einen bloßen Verdacht hin recherchiert. Die unternehmerische Betätigung der Sparkasse sollte Gegenstand der Reportage sein und dies erforderte die Überprüfung der Vermögenswerte der Ge­sellschaften. Hierzu bedurfte es der unter den gleichen Voraussetzungen wie derjenigen des Grundbuchin­haltes zu gewährenden Einsicht in die Grundakten.

Haftung der BImA für grundstücksbezogene Verbindlichkeiten 



BRAWO-Artikel vom 03.01.2016



 

Mit Urteil vom 17.07.2015 zum Az. V ZR 205/14 hat der BGH entschieden, dass mit dem Eigentum an Grundstücken des Bundes auch die grundstücksbezogenen Verbindlichkeiten auf die Bundes­anstalt für Immobilienaufgaben (BImA) gem. § 2 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 BImAG übergegan­gen sind. 

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende Konsumgenossenschaft begehrte we­gen eines entsprechenden Übergabe-/ Übernahmeprotokolls zur Übernahme ehemals volkseige­ner Grundstücke in das Treuhandvermögen der Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzverwal­tung) von der nunmehrigen BImA nach Verkauf durch diese eine hierin vorgesehene Zahlung für die Aufbauten. Fraglich war in diesem Zusammenhang, ob mit Ablauf des 31.12.2004 die BImA, die gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BImAG aufgrund der Umstrukturierung der Bundesfi­nanzverwaltung Eigentü­merin der beiden Grundstücke geworden war, hierdurch auch für den Zahlungsanspruch passiv le­gitimiert geworden war. Mangels gesetzlicher Regelung war dies danach zu entscheiden, ob mit dem Eigen­tumsübergang der zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen gehö­renden Grundstücke auch die grundstücksbezogenen Rechtsverhältnisse und Verbindlichkeiten er­fasst waren. 

Das Fehlen einer entsprechenden Regelung erachtete der BGH als planwidrig. So­wohl Abs. 2 als auch Abs. 3 des BImAG sähen nicht die gesetzliche Übertragung des Eigentums an einzelnen Grundstücken des Bundes auf die Beklagte vor. Sie seien vielmehr Kernstück einer vollständigen Umstrukturie­rung der Verwaltung von Bundeseigentum, in deren Zuge die BImA un­ter vollständiger Auflösung der Bundesvermögensverwaltung errichtet worden sei. Mit der schritt­weisen Übertra­gung der Bundesliegenschaften auf die BImA sollte eine effizientere Verwal­tung er­reicht werden, welche aber durch die Übertragung allein des Eigentums an den Grund­stücken nicht zu erreichen war. 

Hätte der Gesetzgeber dieses Problem bei Abfassung des BImAG erkannt, hätte er die Lücke nach Auffassung des BGH durch eine Vorschrift entsprechend dem Inhalt des § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG geschlossen. In Orientierung an dieser Regelung wäre eine gegenständ­lich beschränkte Gesamt­rechtsnachfolge, die den Übergang nicht nur der Aktiva, sondern auch der auf den abgespaltenen Teil des Vermögens bezogenen Passiva zur Folge hat, anzunehmen.