2008 — Neues aus der Rechtsprechung

 

Mitbenutzung von Parkplätzen aus Grunddienstbarkeit

BRAWO-Artikel vom 21.12.2008 - Teil 1

Der Berechtigte einer Grunddienstbarkeit und der Eigentümer des sog. »dienenden Grundstückes« können nach den Grundsätzen der Gemeinschaft in entsprechender Anwendung des § 745 Abs. 2 BGB voneinander eine Ausübungsreglung verlangen, wenn sie zur gleichberechtigten Mitbenutzung des Grundstückes befugt sind. In diesem Fall können die hieraus folgenden Ausübungsbeschränkungen auch bereits vor dem Zustandekommen einer Regelung mit dinglichen Unterlassungsansprüchen geltend gemacht wer- den.

 

Im vorliegenden Fall, der der BGH im Urteil vom 19.09.2008 zum Az. V ZR 164/07 zu entscheiden hat, war das sog. »herrschende Grundstück« von dem Eigentümer des dienenden Grundstückes verkauft worden. Hierbei wurde die Bestellung einer Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundstückes vereinbart, die diesen berechtigt, die auf dem dienenden Grundstück befindlichen Pkw-Abstellplätze mitzubenutzen und dieses Recht Dritten zu überlassen, wobei dem Berechtigten "mindestens 6 Parkplätze" zur Verfügung stehen müssen. Nachdem sich auf dem dienenden Grundstück letztendlich 25 Parkplätze befanden, nahm dessen neue Eigentümerin den Mitei- gentümer des benachbarten herrschenden Grundstücks, der dort eine Apotheke betreibt und diverse Gewerberäume an Arztpraxen vermietet hat, auf Unterlassung in Anspruch. Da die Kunden tagsüber alle Parkplätze belegten, habe er es zu unterlassen, andere als die Parkplätze »1 bis 6« zu nutzen oder Dritten zur Nutzung zu überlassen.

 

Der BGH gestand der Klägerin grundsätzlich einen dinglichen Unterlassungsanspruch zu, sofern, was vorliegend nicht abschließend zu beurteilen war, eine diesbezügliche Nutzungszuweisung den Interessen der Klägerin und Beklagten sowie den übrigen Miteigentümern des herrschenden Grundstückes nach billigem Ermessen entspreche. Dies ergebe sich allerdings nicht aus dem Inhalt der Grunddienstbarkeit, da aus der sprachlichen Fassung einer »Mindestbenutzungsbefugnis« in der Bewilligung der Grunddienstbarkeit zunächst keine Mitbenutzungsbefugnis der Klägerin resultiere. Eine solche sei auch nicht im Wege der Vertragsanpas- sung aus § 313 BGB herzuleiten, nachdem die Grundlage der hierfür allein in Frage kommenden schuldrechtlichen Verpflichtung zur Bestellung der Grunddienstbarkeit im Grundstückskaufvertrag gerade nicht entfallen war. Darüber hinaus fehle es auch an einem Anpassungsgrund, der von einem angenommenen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben zu trennen sei.

 



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BRAWO-Artikel vom 28.12.2008 - Teil 2

Der BGH hat dem klagenden Eigentümer eines sog. »dienenden Grundstückes« gegenüber dem Eigentümer des sog. »herrschenden Grundstückes« einen Unterlassungsanspruch hin-sichtlich der diesem durch die Grunddienstbarkeit grundsätzlich eingeräumten Benutzungsbefugnis von Parkplätzen zuerkannt. Dies folgt nicht aus der Grunddienstbarkeit selbst. Diese berechtigte vorliegend zur Nutzung von »mindestens 6« der insgesamt 25 Parkplätze und schränkte deren Nutzungsberechtigung daher in keiner Weise ein.

Auch könne der Kläger zwar einen dinglichen Unterlassungsanspruch aus einem Verstoß gegen das Gebot der schonenden Nutzung (§ 1020 Satz 1 BGB) bemühen. Allerdings richtet sich dieser auf die Unterlassung einer übermäßigen Nutzung, nicht hingegen auf einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Ausübung der Dienstbarkeit. Ein solcher könne sich vielmehr daraus ergeben, dass der Kläger von den Eigentümern des herrschenden Grundstückes die Zustimmung zu einer Ausübungsregelung verlangen kann, die dem Beklagten eine gewisse Anzahl von Stellplätzen zuweist und die Nutzung der darüberhinaus gehenden Stellplätze durch ihn untersagt. Die Beeinträchtigung des Eigentums folge in diesem Fall allein aus dem Fehlen einer Ausübungsreglung. Deren Anspruchsgrundlage entnimmt der BGH mit § 745 Abs. 2 BGB dem Recht der Gemeinschaft.

Hierfür ist erforderlich, dass eine solche Regelung bereits zustande gekommen ist. Vielmehr kann der Berechtigte sogleich auf die Unterlassung einer der hiernach zu treffenden Ausübungsregelung widersprechende Nutzung in Anspruch genommen werden. Nach den Grundsätzen der Gemeinschaft ist der Beklagte aber nur verpflichtet, eine Nutzung zu unterlassen, die unter Berücksichtigung der Interessen aller Parteien dem billigen Ermessen entspricht. Dies ist erst in einer neuen Verhandlung zu prüfen, da der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif war. Hierbei hat das erkennende Gericht - ausgehend von einer grundsätzlich hälftigen Teilhabe von Grundstückseigentümern und Berechtigtem - anhand objektiver Gesichtspunkte unter Berücksichtigung der Nutzungsbedürfnisse der Parteien und der Interessen der übrigen Miteigentümer zu ermitteln, in welchem Umfang eine Abweichung hiervon geboten ist und danach das berechtigte Nutzungsmaß des dienenden Grundstückes festzustellen. Dementsprechend hängt auch ein etwaiger Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für die in der Vergangenheit erfolgte Nutzung zusätzlicher Parkplätze von dem nach billigem Ermessen zu ermittelnden Inhalt der Ausübungsregelung ab.

 

 



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Keine Kostenerstattung für heimliche GPS-Observierung

BRAWO-Artikel vom 07.12.2008

Eine Partei, welche einen Privatdetektiv mit einer Aufenthaltsbestimmung mittels heimlich eingesetzten GPS- Senders beauftragt, um hierdurch Erkenntnisse über das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu gewinnen, kann die Erstattung der hierdurch entstandenen Detektivkosten nicht beanspruchen. Als notwendige Verfahrenskosten können diese nur dann gegenüber der unterliegenden Partei festgesetzt werden, wenn sie für eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung notwendig waren. Dies war im vorliegenden Fall zu verneinen. Hier hatte der Kläger, welcher der Beklagten Unterhalt zu leisten hatte, zur Vorbereitung einer Abänderungsklage ein Detektivbüro beauftragt, um festzustellen, ob diese in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebte. Der Detektiv überwachte die Fahrten der Beklagten mit einem heimlich an deren Pkw an- gebrachten GPS-Sender. Nachdem diese vorprozessual noch behauptet hatte, dass keinerlei Umstände für einen Wegfall der Unterhaltspflicht vorlägen, erkannte sie im gerichtlichen Verfahren den Klageanspruch an. Die Detektivkosten hingegen hatte sie nicht zu tragen.

 

Das OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.05.2008 - 13 WF 93/08-, erachtete die Beauftragung eines Detektivs für das vorliegende Verfahren zwar durchaus als zweckmäßig, jedoch für eine erfolg- versprechende Rechtsverfolgung als nicht notwendig. Denn wegen der im konkreten Fall mit dem Einsatz des GPS-Senders verbundenen Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung war das dadurch gewonnene Ergebnis als unzulässiges Beweismittel prozessual nicht verwertbar. Maßgeblich ortete das GPS-System den Standort des Kraftfahrzeugs laufend und ermöglichte dadurch ein umfassendes Bewegungsprofil der Be- klagten, beschränkte sich mithin gerade nicht auf die für das Verfahren erforderliche Feststellung, wann und für wie lange etwa die Anschrift des vermeintlichen Partners aufgesucht wurde. Trotz der Betätigung im öffentlichen Raum und nicht etwa dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung stelle die lückenlose Überwachung auch aller anderen Fahrten einen so erheblichen Eingriff in das durch Artikel 2 Abs. 1 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht und damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, dass die hieraus gewonnenen Erkenntnisse prozessual nicht verwertbar waren. Gemessen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre vorliegend lediglich eine punktuelle persönliche Beobachtung in Betracht gekommen, der bereits im Strafverfahren nicht beliebig zulässige Einsatz moderner technischer Geräte hingegen war hiernach unzulässig.

 

 



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Ausgleichsansprüche nach Scheitern nichtehelicher Lebensgemeinschaft 

BRAWO-Artikel vom 16.11.2008 - Teil 1

Nach dem Scheitern einer sog. nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommen in Bezug auf wesentliche Beiträge eines der Partner zu einem Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, dessen Alleineigentümer der andere Partner ist, nicht (mehr) zur gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche, sondern auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sowie nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht.

 

Mit dieser Entscheidung des BGH im Urteil vom 09.07.2008 - VII ZR 179/05 - hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach welcher sog. gemeinschaftsbezogene Zuwendungen grundsätzlich nicht ausgeglichen werden. Dies wurde bislang damit begründet, dass in diesem Falle die persönlichen Beziehungen auch das die die Gemeinschaft betreffende vermögensbezogene Handeln bestimmen und daher auch in wirtschaftlicher Hinsicht keine Rechtsgemeinschaft bestehe. Hatten die Partner nicht einen Ausgleich besonders geregelt, wurden hiernach persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet. Von dieser Rechtsprechung ist der BGH nunmehr abgerückt. Zunächst könne die Differenzierung zwischen Schenkung und Zuwendung zwischen Ehegatten auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft übertragen werden. Hiernach hatten vorliegend die der nichtehelichen Lebensgemeinschaft dienen- den (sowohl finanziellen als auch Arbeits-) Leistungen zum Erwerb eines Hausgrundstückes keinerlei Schenkungscharakter, so dass ein entsprechender Herausgabeanspruch nicht in Betracht kam.

 

Auch ein Ausgleichsanspruch nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft war vorliegend nicht gegeben. Dies erfordert den ausdrücklichen oder schlüssigen Abschluss eines entsprechenden Gesellschaftsvertrages. Für diese Annahme sei zwar nicht wie bei einer Ehe aufgrund der hieraus folgenden Rücksichtnahme- und Unterhaltsverpflichtung die Verfolgung eines über den typischen Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweckes zu fordern. Allerdings war in Bezug auf die Errichtung des Hauses der erforderliche Rechtsbindungswille der nicht ehelich verbundenen Partner eher zweifelhaft. Denn gerade hier bestehe regelmäßig keine über die Ausgestaltung der Gemeinschaft hinausgehende rechtliche Vorstellung.

 

 

 



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BRAWO-Artikel vom 23.11.2008 - Teil 2

Die bisherige Annahme, dass bei Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft allenfalls ein gesellschaftsrechtlicher Anspruch in Frage kommt, wird vom nunmehr zuständigen 12. Zivilsenat des BGH nicht aufrecht erhalten. So erkennt dieser we- gen derjenigen Leistungen, die den Rahmen des täglichen Bedarfs der Lebensgemeinschaft erheblich überschreiten und zur Bildung diese überdauernder Vermögenswerte geführt haben, jetzt ein rechtlich schutzwürdiges Ausgleichsbündnis an. Zumindest im dinglichen Bereich sollten im vorliegenden Fall mit der Errichtung eines Wohnhauses Rechtsfolgen herbeigeführt werden. Ebenso wenig wie in einer Ehe trotz der im Vordergrund stehen- den persönlichen Beziehungen hinsichtlich überobligationsmäßiger vermögensbezogener Leistungen auf das Fehlen einer Rechtsgemeinschaft geschlossen würde, könne im Falle des Scheiterns der nichtehelichen Lebensgemeinschaft davon ausgegangen werden, dass die Partner nicht mehr auf den Bestand der Leistungen vertrauen dürften. Auch diese würden in der Erwartung des Bestandes der Gemeinschaft erbracht. Gerade die hohe Scheidungsquote belege überzeugend, dass insoweit eine unter- schiedliche Beurteilung zu Ehegatten nicht mehr gerechtfertigt ist.

 

Gefordert wird hiernach für einen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch eine konkrete Zweckabrede, etwa dergestalt, dass die Partner zwar keine gemeinsamen Vermögenswerte schaffen wollen, aber der eine Partner das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt, an dem erworbenen Gegenstand langfristig partizipieren zu können. In diesem Fall besteht für den Empfänger der Leistung die Pflicht zur Herausgabe der Zuwendungen, sofern der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht ein- getreten ist. Ist eine solche Abrede nicht feststellbar, kommt ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht. Hiernach sind bei Scheitern der Beziehung jedoch nicht sämtliche Zuwendungen auszugleichen. Auszuscheiden sind zunächst die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos erbrachten Leistungen, und zwar unabhängig davon, ob es sich hierbei um laufende Kosten oder größere Einmalzahlungen handelt. Bei Arbeitsleistungen ist eine Korrektur überdies lediglich dann gerechtfertigt, wenn dem Leisten- den nach Treu und Glauben schlechterdings nicht mehr zuzumuten ist, die geschaffene Vermögenslage beizubehalten. Dies ist anhand einer Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Der Anspruch ist zudem weiter begrenzt durch den Betrag, um den das Vermögen des anderen zum maßgeblichen Zeitpunkt noch vermehrt ist, zum anderen durch die ersparten Kosten einer fremden Arbeitskraft. Eine Bezahlung der erbrachten Leistung wird hierbei nicht gewährt, sondern nur eine angemessene Beteiligung an dem gemeinsam Erarbeiteten.

 

 

 

 



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Beseitigungsansprüche gegen Überbau von Wegerecht 

BRAWO-Artikel vom 02.11.2008

Der Inhaber eines Wegerechtes, welches ihm im Wege einer Grunddienstbarkeit gegenüber dem dienenden Grundstück eingeräumt ist, kann die Beseitigung einer auf der für das Wegerecht genutzten Fläche entstandenen Bebauung auch dann verlangen, wenn die bauliche Nutzbarkeit etwa zu Wohnzwecken be- schränkt worden oder ganz weggefallen ist.

In diesem Sinne hat der BGH mit Urteil vom 18.07.2008 - V ZR 171/07 - einen Fall entschieden, in dem der Eigentümer des mit der Grunddienstbarkeit verpflichteten Grundstückes dieses nach dem Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung mit einem Erweiterungsbau für ein Kino versehen und hierbei die Fläche für das Wegerecht überbaut hatte, welches allerdings nach dem Auszug des letzten Mieters im Jahre 1984 ebenso wie das herrschende Hausgrundstück selbst nicht mehr genutzt wurde.

Zunächst sei die Grunddienstbarkeit nicht schon allein wegen Wegfalls des Vorteils für das herrschende Grundstück i.S.d. 
§ 1019 S. 1 BGB erloschen. Denn ohne das Wegerecht hätte das Grundstück keine Verbindung zur öffentlichen Straße mehr und wäre damit ein so genanntes »gefangenes Grundstück«. Dies gelte unabhängig von einer etwaigen öffentlich-rechtlichen Nutzungsbeschränkung, da eine Grunddienstbarkeit dem Berechtig- ten eine selbständig auf dem Privatrecht beruhende Rechtsstellung einräume. Entsprechend der Regelung des Überbaues auf fremdem Grundeigentum, § 912 Abs. 1 BGB, sei der Berechtigte auch nicht etwa aus § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet. Denn der Verpflichtete selbst sei bei der Ersteigerung des Grundstückes im Termin darauf hingewiesen worden, dass da in Abteilung II des Grundbuches eingetragene Wegerecht bestehen bleibe. Dessen Nichtbeachtung sei zumindest grob fahrlässig. Allerdings könne die Geltendmachung der Beseitigung im vorliegenden Fall gemäß § 275 Abs. 2 BGB unverhältnismäßig sein: dies beurteile sich danach, ob eine Beseitigung in Abwägung der Vorteile einer Durchsetzung des Anspruches aus dem Wegerecht mit den dafür erforderlichen Aufwendungen für den zumindest teilweisen Abriss de Neubaus dem Grundstückseigentümer zumutbar sei. Über die entsprechende Einrede vermocht der BGH noch nicht abschließend zu befinden, weil die hierfür erforderlichen Tatsachenfeststellungen noch nicht getroffen worden waren. Hierbei könne jedoch auch unter Berücksichtigung eines erheblichen Verschuldens des Überbauenden letztendlich letzt- endlich die Abwägung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu seinen Gunsten ausfallen, wenn beispielsweise der Berechtigte mit dem Beseitigungsverlangen in vorwerfbarer Verletzung seiner Schadensminderungspflicht solange zu warten, bis die Aufwendungen des Grundstückseigentümers für den Abriss erst ein wesentliches Missverhältnis zu den Vorteilen des Anspruches aus der Grunddienstbarkeit erreicht hätten.

 

 

 

 



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Geldbußenbemessung bei »geringfügiger Ordnungswidrigkeit«

BRAWO-Artikel vom 19.10.2008

Gemäß § 17 Abs. 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) sind Grundlagen für die Zumessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der den Täter treffende Vorwurf. Darüber hinaus kommen auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters in Betracht, bleiben jedoch in der Regel bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten unberücksichtigt. Wann im Einzelfall eine »geringfügige Ordnungswidrigkeit« vorliegt, wird durchaus unterschiedlich beantwortet. Die ganz überwiegende Ansicht der Bußgeldsenate orientiert diese an der in § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG für die Rechtsbeschwerde u.a. vorgesehene Wertgrenze von 250,00 EUR und verlangt dementsprechend bei Geldbußen von nicht mehr als 250,00 EUR nur noch bei Vorliegen besonderer Umstände eine Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen.

Dem hat sich jetzt das OLG Celle im Beschluss vom 16.07.2008 zum Az. 311 Ss Bs 43/08 angeschlossen. Anlass war die Rechtsbeschwerde eine Betroffenen, gegen den wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung berauschender Mittel eine Geldbuße von 250,00 EUR festgesetzt sowie ein Fahrverbot von 1 Monat angeordnet worden war. Dieser rügte u.a., dass der Tatrichter die Geldbuße festgesetzt hatte, ohne Feststellungen zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen getroffen zu haben.

Aufgrund des "in den letzten Jahren gestiegenen allgemeinen Lohn- und Preisniveaus" vermochte der Senat sich nunmehr an der in § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG festgelegten Wertgrenze für die Rechtsbeschwerde zu orientieren. Der Sinn und Zweck einer Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung des Ordnungswidrigkeitenrechtes spiegele sich auch im Bußgeldkatalog wider, wenn dort etwa pauschal eine Geldbuße von 250,00 EUR vorgesehen sei, ohne dass es hierbei auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen ankomme. Sofern dem Tatrichter also nicht im Einzelnen besondere Umstände bekannt werden, aufgrund deren die Geldbuße für den Betroffenen in wirtschaftlicher Hinsicht unzumutbar erscheint und dem auch nicht durch die Gewährung von Ratenzahlung begegnet werden kann, sind die Vermögensverhältnisse grundsätzlich erst bei Geldbußen über 250,00 EUR aufzuklären.

 

 

 

 

 



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Widerruf der Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung durch Erben

BRAWO-Artikel vom 05.10.2008

Bestimmt der Erblasser einer zu seinen Gunsten abgeschlossenen Lebensversicherung eine Bezugsberechtigung eines Dritten für die Todesfallleistung, so liegt hierin zunächst im sog. Deckungsverhältnis eine unentziehbare Rechtsstellung, als die Erben des Versicherungsnehmers die Bezugsberechtigung nicht mehr ändern oder widerrufen können.

Ob der hierin Begünstigte jedoch im Verhältnis zu den Erben des Versicherungsnehmers die Versicherungsleistung letztendlich behalten darf, entscheidet sich hingegen nach dem sog. Valutaverhältnis. Hierbei kommt in aller Regel eine Schenkung in Betracht. Im vorliegenden, vom BGH im Urteil vom 21.05.2008 
- IV ZR 238/08 - entschiedenen Fall hatten die Erben des Versicherungsnehmers anwaltlich vertreten die Bezugsberechtigung als Rechtsnachfolger des Erblassers angefochten. Dies erfolgte unstreitig vor einer Auszahlung der Versicherungssumme an den Dritten. Hierbei ist in der Bezugsberechtigung gegenüber dem Versicherer bezogen auf das Valutaverhältnis zugleich der konkludente Auftrag an diesen zu erblicken, dem Dritten nach Eintritt des Versicherungsfalls das Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers gleichsam als Bote zu übermitteln.

Im vorliegenden Fall war dieser jedoch nach Auffassung des BGH vor Übermittlung wirksam widerrufen worden. Dem stand auch nicht entgegen, dass (lediglich) »die Bezugsberechtigung« angefochten war. Denn nach dem wohlverstandenen Willen des Erklärenden wollte dieser vor allem konkludent auch das im Valutaverhältnis erteilte Schenkungsangebot widerrufen. 

Hiernach kann es zu einem regelrechten Wettlauf mit der Zeit kommen, ob die Übermittlung des Schenkungsangebotes noch wirksam widerrufen wird, bevor es den Bezugsberechtigten erreicht hat. Ist dies bereits durch Auszahlung der Versicherungssumme anzunehmen, so kommt zumindest ein Pflichtteilsergänzungsanspruch der Erben in Betracht, sofern diese pflichtteilsberechtigt sind.


Nach § 81 a Abs. 2 StPO steht die Anordnung der - nicht freiwillig gewährten - Blutentnahme unter sog. Richtervorbehalt, d.h. sie steht grundsätzlich dem Richter zu. Allein dies garantiert nach dem Bundesverfassungsgericht eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz und 
verlangt den Strafverfolgungsbehörden ab, regelmäßig eine Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen. Nur bei einer Gefährdung des Untersuchungserfolges durch die hiermit verbundene Verzögerung besteht - ausnahmsweise - auch eine Anordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft und - nachrangig - ihrer Ermittlungspersonen. Die Gefährdung muss weiter mit Einzelfall bezogenen und in den Ermittlungsakten dokumentierten Tatsachen begründet werden, sofern die Dringlichkeit nicht offensichtlich ist.

Gemessen an diesem Maßstab ist die bei einem Nachweis von Drogen und Alkohol typischerweise bestehende Gefahr der Nachweiserschwerung durch den körpereigenen Abbau als solche nicht ausreichend. Insbesondere bei höheren Alkoholisierungen ist zu beachten, dass der mögliche Abbau in aller Regel relativ gering und durch Rückrechnung ausgleichbar ist. Je komplexer der Sachverhalt allerdings ist und je genauer daher die Analyse erfolgen muss, desto eher wird hierbei den Ermittlungsbehörden eine Entscheidungskompetenz ohne richterliche Entscheidung eingeräumt.

Ob eine etwaige Rechtswidrigkeit der Blutprobenentnahme weiter ein Verwertungsverbot des hierdurch erlangten Beweismittels nach sich zieht, ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Art des Verbots und dem Gewicht des Verfahrensverstoßes und der hiervon betroffenen Rechtsgüter unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu bestimmen. Gemessen an einem der Wahrheitsfindung verpflichteten Strafverfahren stellt ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme dar. So können etwa einzelne Rechtsgüter so massiv beeinträchtigt werden, dass jede andere Lösung schlechthin unerträglich wäre, so bspw. bei Abhörmaßnahmen unter Verstoß gegen völkerrechtliche Grundsätze oder ohne richterliche Anordnung zwecks Selbstbelastung oder bei besonders groben oder bewussten Verstößen. Mit diesen Fallgestaltungen war nach Ansicht des OLG Hamburg im Beschluss vom 04.02.2008 zum Az. 2-81/07 (REV) der dort zu beurteilende Sachverhalt nicht annähernd vergleichbar. Das Verwertungsverbot für den Nachweis der Blutalkoholkonzentration in einem Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr lag danach - regelmäßig - fern.

 

 

 

 

 

 



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Formularmäßiger Ausschluss der Mietminderung in Gewerberaum-Mietvertrag

BRAWO-Artikel vom 24.08.2008

 

 

 

 

 

 



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Behandlung schriftlicher Einlassung eines Angeklagten

BRAWO-Artikel vom 10.08.2008


Ein Angeklagter, welcher sich nicht zur Sache eingelassen hat, jedoch dem Gericht ein Schriftstück hat zukommen lassen, in welchem er zu Teilaspekten der Anklage - bestreitend - Stellung genommen hat, kann nicht darauf dringen, dass dieses in der Hauptverhandlung im Wege des Urkundsbeweises verlesen wird.

 



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Duldungspflicht für Wärmedämmung an gemeinsamer Giebelwand

BRAWO-Artikel vom 13.07.2008

Das Errichten einer Wärmedämmung im Fassadenbereich einer freien, das Nachbarhaus zum Teil überragenden gemeinsamen Giebel- bzw. sog. Nachbarwand ist als Verwaltungsmaßnahme i.S.d. § 745 BGB von dem anderen Teilhaber der gemeinsamen Giebelwand zu dulden. Dies entspricht dem beiderseitigen Interesse nach billigem Ermessen, wie jüngst der BGH im Urteil vom 11.04.2008 zum Az. V ZR 158/07 entschieden hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Fassadenverkleidung des freien Be- reiches der Wand einem den heutigen Erfordernissen entsprechenden Standard verspricht und der andere Teilhaber an die gemeinsame Giebelwand noch nicht - auch nicht in absehbarer Zeit - vollständig angebaut hat.

 

Als entscheidend hierfür sah der BGH es insbesondere an, dass die beabsichtigte Wärmedämmungsmaßnahme den freien Bereich der Giebelmauer in einen den heutigen Erfordernissen und Anschauungen entsprechenden Zustand versetzt. Hierbei ist es anders als zum Zeitpunkt der Errichtung der Häuser vor ca. 100 Jahren bspw. mit den heutigen Grundsätzen und Notwendigkeiten der Energieeinsparung unvereinbar, etwa ein Wohnhaus mit einer ungedämmten, aus bloßem Ziegelmauerwerk bestehenden Außenwand zu errichten. Auch wenn hiermit keinerlei öffentlich-rechtliche Verpflichtung einer nachträglichen Wärmedämmung korrespondiert, entspricht eine derartige "Nachrüstung" jedoch nach Auffassung des BGH den Interessen eines jeden vernünftig denkenden Teilhabers der Wand. Hierdurch werde sie in Funktion und Aussehen dem allgemein üblichen Standard angepasst, wodurch es nicht allein um das Interesse an einer besseren Wärmedämmung geht, so dass zur technischen Unzulänglichkeit einer etwaigen Innendämmung in dem betreffenden Hause keinerlei weitere Feststellungen zu treffen waren. Mit der Teilhabe an der gemeinsamen Giebelwand nach Maßgabe der §§ 922, 741 ff. BGB ist das Eigentumsrecht in zulässiger Weise beschränkt.

 

 

Die hiermit verbundenen Kosten gehen hingegen entsprechend dem diesbezüglichen Interessenvorsprung ausschließlich zu La- sten des Eigentümers des wärmegedämmten Hauses.

 

 

 

 

 

 

 



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Aufbewahrungskosten für Geschäftspapiere nach Räumungsvollstreckung

BRAWO-Artikel vom 29.06.2008

Im Falle der Durchführung einer Räumungsvollstreckung ist im Umgang mit den geschäftlichen Unterlagen des Schuldners in Anbetracht der Aufbewahrungsfristen für Geschäftsunterlagen nach § 257 Abs. 1 HGB   , § 147 Abs. 1 AO besondere Sorgfalt geboten. Diese betragen i.d.R. 10 Jahre für die dort im Einzelnen genannten besonderen Geschäftsunterlagen, für sonstige Unter- lagen 6 Jahre. Im vorliegenden Fall hatte der Gerichtsvollzieher diese für ca. 16 Monate eingelagert, nachdem der Schuldner sie nicht abgeholt hatte. Hiermit sind in aller Regel weitere Kosten durch die Aufbewahrung verbunden. Wem diese letztendlich zur Last fallen, hatte der BGH jüngst zu entscheiden.

Hiernach wurde nunmehr mit Beschluss des BGH vom 21.02.2008 zum Az. I ZB 52/06 entschieden, dass diese nicht der zunächst mit den Kosten belastete Gläubiger zu tragen hat. Grundsätzlich hat der Gerichtsvollzieher Unterlagen in Verwahrung zu nehmen und sie einzulagern. Holt der Schuldner sie nicht innerhalb von 2 Monaten ab, sind sie nach § 885 Abs. 4 Satz 1 ZPO zu verwerten, unverwertbare Gegenstände nach Satz 2 zu vernichten. Würde hierdurch jedoch gegen ein gesetzliches Gebot verstoßen, weil diese wie vorliegend zwingend aufbewahrt werden müssen, so scheidet eine Vernichtung zwar aus. Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Gläubiger dann auch die hiermit verbundenen weiteren Aufbewahrungskosten zu tragen hat. Insofern handelt es sich nach Auffassung des BGH gerade nicht um notwendige Vollstreckungskosten, so dass auch eine Erstattungspflicht des Gläubigers für weitere, darüber hinaus gehende Aufbewahrungskosten ausscheidet. Damit muss die Staatskasse letztendlich auch die mit dem gesetzlich angeordneten Schuldnerschutz verbundenen Kosten tragen.

 

 

 

 

 

 

 

 



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Rückwärts fahren aus Privatparkplatz

BRAWO-Artikel vom 15.06.2008

Beim Ausfahren aus Parkbuchten auf einem Privatparkplatz ist besondere Vorsicht geboten. Die Situation stellt sich hier insbesondere in Neubausiedlungen, welche aus Kosten- und Platzgründen über sog. - faktisch öffentliche - Privatstraßen verfügen, oftmals so dar, dass insbesondere mangels eines Bürgersteiges die  Privatparkplätze direkt an der Straße anliegen. Beim Ausfahren aus diesen Bereichen ist besondere Vorsicht geboten:

Im konkreten Fall kollidierte der betreffende Kfz-Führer beim Befahren des Durchfahrtsweges in dem Versuch, einen Zusammenstoß mit einem ausparkenden Fahrzeug zu verhindern, mit einem Parkpfosten, ohne dass es hierbei zu einem Kontakt beider Fahr
zeuge kam.

Das OLG München hat hier in II. Instanz dem klagenden Eigentümer des geschädigten Fahrzeugs Recht gegeben. Hierbei sah es als entscheidend an, dass auf allgemein zugänglichen Parkplätzen nicht nur die allgemeine Sorgfaltsanforderungen der StVO gelten, sondern auch die besonderen Sorgfaltsanforderungen beim Herausfahren aus einer Parkbucht. Hierbei müsse derjenige, welcher den Einstellplatz verlasse und sich in den fließenden Verkehr einordnen wolle, dem fließenden Verkehr Vorrang gewähren und hierbei besondere Sorgfalt walten lassen. Insbesondere erachtete es das OLG München im Urteil vom 18.01.2008 - 10 U 4156/07 - aufgrund der hier weiter vorliegenden Sichtbehinderung als erforderlich, sich in die Fahrspur hinein zu tasten. Aufgrund dessen hafte der Beklagte aber auch wegen des zeitlichen und räumlichen Zusammenhanges mit dem Betrieb seines Kfz für die Ausweichreaktion des Klägers, ohne dass es überhaupt zu einem Kontakt beider Fahrzeuge gekommen war.

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Durch fingierten Tod des Angeklagten erschlichener Einstellungsbeschluss

BRAWO-Artikel vom 01.06.2008

Auch ein Beschluss, durch den das Strafverfahren gem. § 206 a Abs. 2 StPO wegen der irrigen Annahme der tatsächlichen Voraussetzungen eines Verfahrenshindernisses eingestellt wurde, ist, jedenfalls dann, wenn der Irrtum durch eine dem Beschuldigten zurechenbare Täuschung verursacht worden ist, durch Beschluss des einstellenden Gerichtes aufzuheben und das Verfahren in diesem Fall in dem Verfahrensstand fortzusetzen, in welchem es sich vor Einstellung befand.

Dies hat der BGH mit Beschluss vom 21.12.2007 (Aktenzeichen: 2 StR 485/06) in einem Fall entschieden, in dem während des Revisionsverfahrens eines u.a. wegen Urkundenfälschung des Angeklagten beigefügt war. Daraufhin stellte der Senat das Verfahren wegen Eintritts eines Verfahrenshindernisses gem. § 206a Abs. 1 StPO ein.

Weitere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hingegeben ergaben, dass die Sterbeurkunde mit Hilfe einer gefälschten Todesbescheinigung erlangt wurde und der Angeklagte tatsächlich nicht verstorben, sondern lediglich flüchtig war. Daraufhin wurde u.a. gegen ihn ein Ermittlungsverfahren u.a. wegen Betrugs und Urkundenfälschung eingeleitet. Der Senat hingegen hob seinen  Einstellungsbeschluss wieder auf und setzte das Revisionsverfahren fort. Maßgebend hierfür war, dass der Irrtum über die tat- sächlichen Voraussetzungen eines Verfahrenshindernisses durch ein täuschendes Verhalten eines Dritten verursacht worden war. Hierbei erachtete der BGH es als erwiesen, dass das angenommene Verfahrenshindernis tatsächlich nicht vorlag. Die entweder von dem Vater des Angeklagten oder unter dessen Namen von diesem selbst vorgelegte Todesbescheinigung des angeblichen Arztes war eine Fälschung. Eine Durchbrechung der Rechtskraft war hiernach nach dem Rechtsgedanken des § 362 StPO zulässig, aber auch geboten. § 362 StPO lässt die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zuungunsten des Angeklagten u.a. dann zu, wenn eine in der Hauptverhandlung zugunsten des Angeklagten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war oder die Entscheidung sonst auf der Grundlage von Beweisergebnissen erfolgte, die sich nachträglich als auf täuschungsbedingt unrichtig erwiesen haben. Gleiches gilt nach Auffassung des BGH in dem vorliegenden Fall einer durch Täuschung herbeigeführten Verfahrensbeendigung durch Prozessentscheidung. Auch wenn eine ausdrückliche Regelung hierüber fehle, könne ein solcher Beschluss keine weiterreichende Rechtskraftwirkung haben als ein freisprechendes oder verfahrenseinstellendes Urteil. Bereits in der Vergangenheit war dem Angeklagten eine Vielzahl von Fällen mit gefälschten, angeblich von Amtsträgern, Rechtsanwälten oder Verfahrensbeteiligten herrührenden Urkunden versucht worden, Einfluss auf verschiedene Strafverfahren zu nehmen. Einen Vertrauenstatbe- stand vermochte der Angeklagte aus dem vorangehenden Einstellungsbeschluss daher nicht für sich in Anspruch zu nehmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Reichweite der verkehrsberuhigten Zone

BRAWO-Artikel vom 18.05.2008

Die Straßenverkehrsordnung legt dem Fahrzeugführer, welcher einen sog. verkehrsberuhigten Bereich verlässt, in § 10 S. 1 beim Einfahren auf die Straße besondere Pflichten auf. Dies gilt nach einem Urteil des BGH vom 20.11.2007 - Az. VI ZR 8/07 - für den darauffolgenden Kreuzungs- oder Einmündungsbereich auch dann, wenn das Verkehrszeichen Nr. 326 (Ende) dort nicht unmittelbar aufgestellt ist, sondern einige Meter davor.

Im konkreten Fall hing das Vorfahrtsrecht der jeweiligen Unfallbeteiligten davon ab, ob die verkehrsberuhigte Zone bereits am Standort des Verkehrszeichens 10 m vor der Einmündung endete und der von rechts kommende Kläger daher Vorfahrt hatte, oder ob diesem seinerseits eine Verletzung des Vorfahrtsrechtes vorzuwerfen war, weil er aus der bis zum Einmündungsbereich geltenden verkehrsberuhigten Zone ausgefahren war.

 

Nach der Verwaltungsvorschrift zu § 42 Abs. 4 a StVO ist das Zeichen 326 höchstens 30 m vor der nächsten Einmündung oder Kreuzung aufzustellen. Für Kraftfahrer, welche den verkehrsberuhigten Bereich verlassen, ist dies im Einzelfall aufgrund der spezifischen Gestaltungen des konkreten Straßenbereichs nicht immer als Ausfahrt aus einem verkehrsberuhigten Bereich erkennbar und damit problematisch, ob die Verhaltensanforderung des § 10 S. 1 StVO oder die des § 8 Abs. 1 S. 1 (»rechts vor links«) gelten. Die sich aus dem Zeichen 326 ergebenden Verpflichtungen, denen der BGH maßgeblich eine vorfahrtsregelnde Bedeutung beimisst, enden jedoch hiernach nicht generell auf der Höhe des Verkehrsschildes, sondern in aller Regel erst dann, wenn sich das Gebot, beim Einfahren aus einem verkehrsberuhigten Bereich in eine andere Straße eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen, aktualisiert. Dies ist regelmäßig erst an der nächsten Einmündung oder Kreuzung der Fall. Hierbei wird auf die tatsächlichen Verhältnisse in der Praxis, aber auch auf die Perspektive des Querverkehrs abgestellt, welcher aufgrund der für ihn sichtbaren Beschilderung der Straße oder deren Gestaltung annehmen dürfe, dass der Fahrer des einfahrenden Fahrzeugs die Verhaltensanforderungen des § 10 StVO beachten werde. Entscheidend ist hiernach, ob sich das Einfahren in eine andere Straße bei objektiver Betrachtung noch als Verlassen des verkehrsberuhigten Bereichs im Sinne des § 10 StVO darstellt. Dies ist nach dem Gesamtbild der äußerlichen erkennbaren Merkmale der Straße zu ermitteln. Sofern keine hiervon abweichenden Anhaltspunkte vorliegen, ist in aller Regel davon auszugehen, dass die Einmündung oder Kreuzung noch als Ausfahrtsbereich der verkehrsberuhigten Zone erscheint, sofern das Zeichen n326 noch in einem Abstand bis zu 30 m hiervon aufgestellt ist. Anderenfalls enden die vorgenannten Verpflichtungen grundsätzlich mit dem Aufstellungsort des Zeichens.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Keine grundsätzliche Schuldfähigkeit bei Kapitaldelikten

BRAWO-Artikel vom 04.05.2008

Der BGH hatte jüngst (Beschluss vom 05.03.2008 - 1 StR 648/07 - ) über eine Revision dreier Angeklagter zu befinden, welche nach den Feststellungen des Landgerichts im Alter von 19 und 20 Jahren unter Anleitung eines weiteren Mitangeklagten 6 Molotowcocktails nachts auf ein frei stehendes Gebäude geworfen hatten, in welchem zum Zeitpunkt des Anschlages 6 Bewohner, darunter ein Ehepaar mit 3 Kindern, sowie ein Gast verweilten. Hierbei war weiter davon auszugehen, dass die Angeklagten wussten, dass zum Zeitpunkt des Brandanschlages Personen in dem Haus schliefen, welche mit diesem nicht rechneten, ihnen dies jedoch gleichgültig war.

 

Das Landgericht hat daraufhin die Tat als heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen begangen versuchten Mord in 7 tateinheitlichen Fällen sowie als ebenfalls tateinheitlich begangene versuchte schwere Brandstiftung gewertet und die Angeklagten aufgrund dessen zu entsprechenden Jugendstrafen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision rügte, dass das Gericht sich hinsichtlich der Frage der Schuldfähigkeit der Angeklagten nicht auf seine eigene Sachkunde habe berufen dürfen, sondern vielmehr ein psychologisches Sachverständigengutachten hierüber habe einholen müssen. Dies hat der BGH zurück gewiesen: Ein Rechtssatz des Inhalts, dass etwa der Tatrichter in Kapitalstrafsachen, insbesondere im Bereich des Jugendstrafrechtes, aus Gründen der Aufklärungspflicht stets gehalten sei, einen Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens zur Schuldfähigkeit zu betrauen, existiere nicht. Unabhängig von den Umständen des Einzelfalls sei nach der gesetzlichen Wertung des § 246 a StPO die Zuziehung eines Sachverständigen nur dann geboten, wenn bestimmte Maßregeln der Besserung und Sicherung im Raume stünden, nicht jedoch die bestimmten Anklagevorwürfe.

 

Hiernach sind auch bei Kapitalstraftaten vielmehr stets die Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend. Da vorliegend der Tat rationale Abwägungen zugrunde lagen und diese auch die nahe liegenden Tatfolgen mit umfassten, war der Tatrichter nicht veranlasst, die Voraussetzungen der Schuldfähigkeit (§§ 20 f. StGB) durch Beauftragung eines Sachverständigen abzuklären. Vielmehr war davon auszugehen, dass der Tatrichter über die notwendige eigene Sachkunde verfügt, um zu beurteilen, ob mit Blick auf das Tatbild und die Person des Angeklagten eine sachverständige Überprüfung der Schuldfähigkeit erforderlich ist (vgl. § 24 Abs. 4 S. 1 StPO).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Räumungsvollstreckung gegen schwerstkranken Schuldner

BRAWO-Artikel vom 06.04.2008

Bereits im Beschluss vom 04.05.2005 hat der BGH entschieden, dass selbst dann, wenn mit einer Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden sind, eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht ohne Weiteres erfolgen kann, sondern stets eine Abwägung der - besonders gewichtigen - Interessen des Schuldners mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers erforderlich ist. Insbesondere eine Suizidgefahr für einen nahen Angehörigen bei einer Räumungsvollstreckung sei zwar ebenso zu berücksichtigen wie eine in Person des Schuldners selbst bestehende Gefahr. Allerdings sei auch in diesem Falle sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auf anderem Wege begegnet werden könne. Hingegen sei auch der Gefährdete selbst gehalten, alle ihm Zumutbare zu tun, um die Risiken für ihn im Falle der Vollstreckung zu verringern, etwa durch die Inanspruchnahme fachärztlicher, ggf. stationärer Hilfe. Ist diese nicht ausreichend, um eine Suizidgefahr für den Betroffenen abzuwenden, so kann die Vollstreckung gem. § 765 a ZPO auf Antrag von der Erfüllung von Auflagen wie etwa der Hinzuziehung eines Facharztes und Beamten des Gesundheitsamtes zur Zwangsräumung abhängig gemacht werden, oder die Unterbringung nach dem Unterbringungsrecht des jeweiligen Bundeslandes schon vor der Vollstreckung zulässig sein.

In dem nunmehr anstehenden Fall stand zu besorgen, dass die Räumungsvollstreckung das Leben der an einer chronischen neurotoxischen Schädigung sämtlicher Organsysteme sowie allergischen multiplen Krankheitsbildern leidenden Schuldnerin bedroht. In dem Beschluss vom 22.11.2007 (I ZB 104/06) hat der BGH die Aufgabe des Vollstreckungsgerichts formuliert, in der Räumungsvollstreckung zu gewährleisten, dass ein Räumungstitel - abgesehen von absoluten Ausnahmen - durchsetzbar bleibt. Es habe daher auch in einem derartigen Fall nach Wegen zu suchen, die einen Umzug des Schuldners ohne gesundheitlich nachteilige Folgen ermöglichen.

Vorliegend erwies sich jedoch die Interessenabwägung zwischen dem grundrechtlich geschützten Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit des Schuldners und dem gleichfalls verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrecht und dessen effektiven Rechtsschutz des Gläubigers als unvollständig. Insbesondere war seitens des Beschwerdegerichtes nicht geprüft worden, ob der Schuldnerin nicht ein Umzug in eine angemessene Wohnung zuzumuten sei, so dass die mit einer Zwangsräumung verbundene Einweisung in eine Notunterkunft vermieden werden könne. So war aber auch aufgrund der Fachgutachten und des hohen Alters der Schuldnerin dessen Annahme selbst zu überprüfen, wonach bei gründlicher medizinischer Vorbereitung ein Umzug als solcher überhaupt ohne nachteilige gesundheitliche Folgen durchführbar sei.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärung am Silvesternachmittag

BRAWO-Artikel vom 23.03.2008

Der Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärungen durch Einwurf in den Hausbriefkasten muss nicht nur nachweisbar, sondern, wenn es um die Wahrung von Fristen geht, rechtzeitig erfolgen. Im vorliegenden Fall, den der BGH im Urteil vom 05.12.2007 zum Az. XII ZR 148/05 zu entscheiden hatte, wurde eine Verlängerungsoption über ein gewerbliches Mietverhältnis mit Schreiben vom 31.12.2003, einem Mittwoch, ausgeübt und per Boten noch am selben Tag um 15.00 Uhr in den Briefkasten der hausverwaltenden Maklerfirma eingeworfen. In dem darauf folgenden Räumungsrechtsstreit war zu klären, ob diese Erklärung, die eine Verlängerung des Mietverhältnisses nur dann bewirken konnte, wenn sie spätestens am 31.12. zugegangen war, noch fristgerecht oder erst am darauf folgenden Werktag und damit verspätet zugegangen war.

Grundsätzlich ist in einem solchen Fall der Zugang an dem Tag bewirkt, an dem nach der Verkehrsanschauung mit der Leerung des Briefkastens noch gerechnet werden konnte. Erfolgt der Einwurf in den Hausbriefkasten des Empfängers zu einer Tageszeit, zu der nach den Gepflogenheiten des Verkehrs eine Entnahme durch den Adressaten nicht mehr erwartet werden kann, so ist die Willenserklärung an diesem Tage nicht mehr zugegangen. Hierbei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers, sondern - im Interesse der Rechtssicherheit - auf die Verkehrsanschauung abzustellen. Da mittlerweile die Post-AG und andere Dienstleister zwischenzeitlich Briefe nicht nur vormittags, sondern auch nachmittags zustellen, ist äußerst um- stritten, ob im geschäftlichen Verkehr ein Brief, der jedenfalls während der Geschäftszeiten in den Briefkasten geworfen wird, in jedem Fall zugegangen ist und ob überhaupt eine derartige Verkehrsanschauung besteht.

Dies vermochte der BGH jedoch im vorliegenden Fall offenzulassen, da hier der Brief nach seiner Auffassung nach Geschäftsschluss eingeworfen worden war. In einem Bürobetrieb der vorbezeichneten Art werde Silvester nachmittags nicht mehr gearbeitet, so dass kurz vor 16.00 Uhr mit einer Briefkastenleerung noch am selben Tag nicht mehr zu rechnen war. Hieran änderte auch der Umstand nichts, dass auf dem Briefbogen der Verwaltungsgesellschaft an Werktagen grundsätzlich bis 17.00 Uhr Sprechzeiten angegeben waren. Denn dies schaffe beim Empfänger kein Vertrauen darauf, dass in dieser Firma entgegen den allgemeinen Gepflogenheiten am Silvesternachmittag gearbeitet werde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Kurze Freiheitsstrafe auch bei Bagatelldelikten

BRAWO-Artikel vom 09.03.2008

Gemäß § 47 StGB verhängt das Gericht eine Freiheitsstrafe unter 6 Monaten nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat und der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen.

In dem vorliegenden Fall war der Angeklagte wegen Hausfriedensbruchs, Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Erschleichens geringwertiger Leistungen in 9 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden. Unter anderem hatte der Angeklagte in 9 Fällen in einem Zeitraum von ca. 2 1/2 Monaten öffentliche Verkehrsmittel benutzt, ohne im Besitz eines gültigen Fahrscheins von je- weils 1,10 EUR gewesen zu sein. Darüber hinaus hatte er in einem Supermarkt 2 Flaschen Bier im Gesamtwert von 0,62 EUR entwendet und trotz des gegen ihn ver- hängten Hausverbotes denselben Supermarkt wenige Stunden später erneut betreten. Das Amtsgericht verhängte hierbei eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, welchen jeweils Einsatzstrafen von 2 bzw. 3 Monaten Freiheitsstrafe zugrunde lagen, die hierbei die gesetzliche Mindeststrafe von 1 Monat überstiegen.

Nach Auffassung des zur Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung angerufenen BGH im Beschluss vom 15.11.2007 - 4 StR 400/07 - gehört die Entscheidung, unter welchen Umständen die Grenzen schuldangemessenen Strafens überschritten sind und dadurch das Übermaßverbot verletzt ist, zur Strafzumessung, und ist damit als tatrichterliche Wertung tatsächlicher Umstände eine Frage des Einzelfalls und keine Rechtsfrage.

Das zur Entscheidung über die Revision berufene OLG war daher nicht gehindert, wegen der besonderen Umstände in der Persönlichkeit des Angeklagten im vorliegenden Fall die verhängte kurze Freiheitsstrafe als unerlässlich i.S.d. § 47 Abs. 1 StGB zu erachten und die Mindeststrafe übersteigende Freiheitstrafe zu bestätigen. Hierbei weist der BGH darauf hin, dass bereits im Jahr 1979 das Bundesverfassungsgericht die gesetzliche Regelung, wonach für den Diebstahl geringwertiger Sachen Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe angedroht wird, mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt hat. Nach einer weiteren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1994 ist die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe nicht erst ab einer bestimmten Schadenshöhe noch mit dem Gebot schuldangemessenen Strafens vereinbar, wenn diese etwa in Anbetracht der vielfachen überwiegend einschlägigen Vorstrafen verhängt wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Anwendung des Nachbarrechts auch bei Bruchteilseigentum der Wohnungseigentümer

mit exklusivem Gartennutzungsrecht

BRAWO-Artikel vom 13.01.2008

Dass das Nachbarrecht auch im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern gilt, welchen eine Gartenfläche zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen wurde, die nicht zu dem gemeinschaftlichen Eigentum im Sinne des WEG gehört, sondern im Bruchteilseigentum der Wohnungseigentümer steht, hat der BGH nunmehr mit Urteil vom 28.09.2007 - Az. V ZR 276/06 - klargestellt. Zwar gebe es zwischen den jeweiligen, durch notariellen Vertrag den einzelnen Miteigentümern einer Reihenhauseigentümergemeinschaft zur ausschließlichen Nutzung zugewiesenen Flächen keine Grenze im Sinne des Nachbarrechtsgesetzes. Jedoch nutzten diese die jeweils hinter ihren Häusern befindlichen Flächen tatsächlich wie Alleineigentümer. Daher könnten sie auch ohne die ansonsten erforderliche Mitwirkung der übrigen Miteigentümer die Beseitigung von Anpflanzungen an den jeweiligen Grenzen nach § 1004 BGB bzw. dem Landesnachbarrechtsgesetz verlangen.

Dass bei Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern über die Bepflanzung unmittelbar benachbarter Gartenteile, an denen diesen jeweils ein Sondernutzungsrecht zusteht, die nachbar-rechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden sind, war bislang grundsätzlich unbestritten. Nunmehr hat der BGH festgestellt, dass auch bei einer in Bruchteilseigentum stehenden Gartenfläche, welche durch die Gewährung des Alleingebrauchs dem jeweiligen Eigentümer zur alleinigen Nutzung überlassen wurde und sichtbar durch einen Zaun voneinander abgegrenzt wurde, eine ähnliche Interessenlage wie zwischen Grundstücksnachbarn besteht, welche gleichfalls die entsprechende Anwendung nachbarrechtlicher Vorschriften rechtfertigt.

Dem entsprechend waren nach dem anzuwendenden Landesnachbarrechtsgesetz nicht nur die Einhaltung der dortigen Grenzabstände mit hieraus resultierendem Anspruch auf Beseitigung der Anpflanzung zu beachten, sondern gleichermaßen die dort geregelten Ausschlussfristen. Insoweit vermochte der BGH dem Gemeinschaftsverhältnis der Bruchteilseigentümer untereinander keinerlei strengere Maßstäbe als zwischen den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu entnehmen, was vorliegend dazu führte, dass das Beseitigungsrecht im Einzelfall

ausgeschlossen war. Mit der gegenseitigen Einräumung des Alleingebrauches hinsichtlich der jeweiligen Gartenteilflächen seien die jeweilgen Eigentümer wie diejenigen eines real geteilten Grundstückes anzusehen, wobei sie zugleich auf ihre an sich nach § 743 Abs. 2 BGB bestehenden Nutzungsbefugnis der gesamten Fläche verzichtet hätten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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