2012 — Neues aus der Rechtsprechung

BRAWO-Artikel vom 23.12.2012

Wir wünschen Ihnen frohe Weihnachten

und ein gutes neues Jahr,

verbunden mit herzlichem Dank für das

in uns gesetzte Vertrauen.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. S. V. Berndt

Straße der Einheit 108, 14612 Falkensee,

Tel.: 03322/ 42 33 73, Fax: 03322/ 42 33 74

 

 

Verwertungsverbot auch für mitgebrachte Tonbandmitschnitte

BRAWO-Artikel vom 09.12.2012

Gemäß § 252 StPO darf die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, nicht zu Beweiszwecken verlesen werden. In Abgrenzung hierzu stehen Äußerungen, die ein Zeuge vor oder außerhalb der Vernehmung aus freien Stücken getan hat, wie etwa Spontanäußerungen. Diese fallen nicht unter das Beweisverwertungsverbot des § 252 StPO.

Im vorliegenden Fall hatte ein Zeuge sich in seiner polizeilichen Vernehmung auf ein Gespräch mit seiner – von ihm schwer belasteten - Mutter bezogen, das er auf Tonband mitgeschnitten und Rahmen seiner Vernehmung der Polizei übergeben hatte. Sodann machte er in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrechts gem. § 52 StPO Gebrauch. Dennoch ließ die Strafkammer eine Niederschrift des mitgeschnittenen Gespräch verlesen.

Dies verstößt nach Ansicht des BGH (Beschluss vom 23.10.2012 -1 StR 137/12 -) gegen § 252 StPO. Diese Vorschrift postuliere ein umfassendes Verwertungsverbot, welches sich nicht nur auf die frühere Vernehmung des Zeugen beschränke, sondern auch die Schriftstücke oder Tonbandmitschnitte erfasse, auf welche in der Aussage Bezug genommen wurde und die anlässlich der Vernehmung übergeben wurden. Insofern unterscheide sich die Sachlage nicht von der, dass der Zeuge mündlich über den Inhalt der Schriften bzw. Mitschnitte Zeugnis abgelegt hätte. Dass dies auf eigene Initiative des Zeugen geschah, war vorliegend unschädlich. Denn die Tonbandmitschnitte waren im Rahmen der polizeilichen Vernehmung der Polizei übergeben worden und daher deren Bestandteil. Ob das Gespräch womöglich unbefugt und damit unter Verstoß gegen § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) aufgezeichnet worden war, blieb hierbei unberücksichtigt, da von der Revision nicht gerügt.

 

 



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Treuwidriges Berufen auf nichtige Vollmacht des Käufers

BRAWO-Artikel vom 25.11.2012

Der Verkäufer einer Eigentumswohnung kann sich nach Treu und Glauben nicht auf die Unwirksamkeit einer Vollmacht des Vertreters des Käufers berufen, wenn lediglich ein Verstoß gegen ein den Käufer schützendes Gesetz vorliegt und dieser selbst erkennbar an dem Vertrag festhalten will. In diesem Fall ist es dem Vertragspartner gleichfalls verwehrt, seine Erklärungen etwa nach den Grundsätzen eines vollmachtlosen Vertreters zu widerrufen oder die Gegenseite zur Genehmigung des Vertrages aufzufordern.

Im vorliegenden Fall hatten die Parteien im Jahre 1991 einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung geschlossen und hierbei den Vertrag durch eine dritte Person geschlossen, welche sowohl Verkäufer als auch Käufer und diesen insbesondere auf Grund einer dem Verkäufer im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages erteilten Vollmacht vertrat. Wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetzes forderte der Insolvenzverwalter der Verkäuferin die Käufer nach 16 Jahren zur Genehmigung des Kaufvertrages und der Auflassung auf. Die Käufer reagierten hierauf nicht und erklärten erst später höchstvorsorglich die Genehmigung, woraufhin der Insolvenzverwalter auf Grundbuchberichtigung klagte.

Nach Auffassung des BGH mit Urteil vom 20.07.2012 – V ZR 217/11 lag zwar ein Verstoß gegen das damalige Rechtsberatungsgesetz vor, welcher auch die Vollmacht umfasste. Indes vermochten die beklagten Käufer trotz Aufforderung zur Genehmigung das Rechtsgeschäft noch später zu genehmigen. Zwar gilt eine Genehmigung des vollmachtlos abgeschlossenen Rechtsgeschäftes gem. § 177 Abs. 2 Satz 2 BGB als verweigert, wenn diese nicht bis zum Ablauf von 2 Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt wird. Indes war es dem Insolvenzverwalter nach den Grundsätzen von Treue und Glauben gem. § 242 BGB vorliegend verwehrt, sich auf die Nichtigkeit der Vollmacht zu berufen mit der Folge, dass er auch nicht berechtigt war, die Käufer zur einer Erklärung über die Genehmigung der vollmachtlos geschlossenen Verträge aufzufordern. Hierbei überwog nach einer umfassenden Interessenabwägung das Interesse der Käufer an einer Rechtsbeständigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages die Geltendmachung dessen Nichtigkeit. Denn die Käufer als gerade vom Gesetz Geschützte wollten an dem Vertrag festhalten, der im Übrigen bereits seit 16 Jahren durch vollständigen Leistungsaustausch schon längst abgewickelt war.

 

 

 



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Ersatzerbenberufung bei Testament zu Gunsten der Lebensgefährtin

BRAWO-Artikel vom 11.11.2012

Hat der Erblasser in einer letztwilligen Verfügung eine ihm nahestehende Person wie etwa seine - im vorliegenden Fall über 30 Jahre lange – Lebensgefährtin bedacht, so muss zunächst nach der Lebenserfahrung ermittelt werden, ob der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung eine Ersatzerbenberufung der Abkömmlinge des Bedachten gewollt hat oder hätte. Die gesetzliche Auslegungsregel des § 2069 BGB, wonach bei der Einsetzung von – nach der Errichtung des Testaments weggefallenen – Abkömmlingen im Zweifel anzunehmen ist, dass deren Abkömmlinge zu Ersatzerben berufen sind, kann hierbei nicht angewandt werden, wenn der Erblasser eine Person bedacht hat, die nicht zu seinen Abkömmlingen gehört.

In vorliegenden Fall stritten die Geschwister des kinderlos Verstorbenen und die Tochter seiner vorverstorbenen Lebensgefährtin um das im einen Fall gesetzliche, im anderen Fall testamentarische Erbrecht. Ob indes der Erblasser anstelle der ihm nahestehenden Personen eine Ersatzerbenberufung deren Abkömmlinge gewollt hatte, hing davon ab, ob die Zuwendung dem Bedachten als „erstem seines Stammes“ oder nur ihm persönlich gegolten hatte, was nach dem Erblasserwillen anhand aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln ist.

Nachdem die Lebensgefährtin zur Zeit der Errichtung des Testaments bereits über 67 Jahre alt war und, wie der beurkundende Notar glaubhaft versichert hatte, in diesem Falle die Frage der Berufung eines Ersatzerben bei der Beurkundung regelmäßig angesprochen werde, hierzu jedoch lediglich die Erklärung des Erblassers festgehalten worden sei, dass er „weiteres nicht zu bestimmen“ habe, schloss das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 30.07.2012 zum Az: 6 VI 1059/10 auf den wirklichen Willen des Erblassers dahin, dass dieser sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Testamentserrichtung bewusst und in voller Kenntnis der Tragweite seiner Entscheidung gegen eine Ersatzerbenberufung entschieden habe. Hiernach kam es auf einen etwaigen mutmaßlichen Willen oder eine ergänzende Testamentsauslegung nicht mehr an mit der Folge, dass die Geschwister als gesetzlich Erben berufen waren.

 

 

 

 



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Kein Wiederaufleben versagten Auflassungsanspruches

BRAWO-Artikel vom 28.10.2012

Mit In-Kraft-Treten der Grundstücksverkehrsverordnung der ehemaligen DDR vom 11.01.1963 war unter anderem dann mit der Auflassung des im Beitrittsgebiet des verkauften Grundbesitzes nicht mehr zu rechnen, wenn hiernach eine behördliche Genehmigung auf absehbare Zeit nicht zu erlangen war. Dies war beispielsweise dann der Fall, wenn wie in dem vom BGH vom 15.06.2012 zum Az: V ZR 240/11 entschiedenen Fall der Käufer als Einwohner West-Berlins „die ordnungsgemäße Verwaltung und volkswirtschaftlich erforderliche Nutzung des Grundstückes nicht gewährleistet“ hätte, vgl. § 5 Abs. 2 lit. c und f GVVO a.F. Nach dem Wirksamwerden des Beitritts verlangten die Kläger als Rechtsnachfolger des ursprünglichen West-Berliner Käufers von der Beklagten, welche zum gesetzlichen Vertreter des Grundstückseigentümers bestellt worden war, die Auflassung und Eintragung in das Grundbuch, hilfsweise Zug um Zug gegen Zahlung des in EUR umgerechneten Kaufpreises von ehedem 22.000,00 Reichsmark.

Diese Klage blieb auch in letzter Instanz erfolglos, nachdem auch nach Auffassung des BGH die vertragliche Verpflichtung nicht etwa mit dem Wegfall des Leistungshindernisses im Zuge der Wiedervereinigung wieder auflebte. Ist der Schuldner gem. § 275 BGB a.F. von seiner Leistungspflicht wie etwa aufgrund der Versagungsgründe nach der GVVO freigeworden, so gilt dies auch dann, wenn dieses Leistungshindernis unvorhergesehener Weise wegfällt. Ob dieses zu einer sogenannten dauernden Unmöglichkeit führt, ist hierbei nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Leistungshindernisses zu beurteilen und muss im Interesse der Dispositionsfreiheit der Parteien grundsätzlich auch dann bestehen bleiben, wenn die Leistung plötzlich und unerwartet wieder möglich wird. Lediglich in Ausnahmefällen kann nach dem Grundsätzen von Treu und Glauben (gem. 242 BGB) der Vertragspartner zu einem Neuabschluss des Rechtsgeschäftes verpflichtet sein, wenn sich etwa die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit dem Zeitpunkt des Leistungshindernisses nicht maßgeblich verändert haben und den Vertragspartnern ihre ursprüngliche Disposition auch zuzumuten ist. Dies war vorliegend nicht der Fall, nachdem sich die wirtschaftlichen Verhältnisse und aufgrund dessen auch die Grundstückspreise seit Einführung der Grundstücksverkehrverordnung bis zu deren Aufhebung durch die Wiedervereinigung grundlegend verändert haben.

 

 

 

 

 



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(Kontroll-) Betreuung bei General- und Altersvorsorgevollmacht

BRAWO-Artikel vom 14.10.2012

Die Anordnung einer sogenannten „Kontrollbetreuung“ gem. § 1896 Abs. 3 BGB zum Zwecke der Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten kann nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtgeber selbst nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen. Vielmehr bedarf es weiterer – konkreter – Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt. In diesem Sinne hat der BGH mit Beschluss vom 01.08.2012 – XII ZB 438/11 – die Bestellung eines Betreuers bzw. Kontrollbetreuers für Rechts- und Vermögensangelegenheiten im vorliegenden Fall eingeschränkt.

Hier hatte die Betroffene unter anderem ihrer Tochter eine umfassende sogenannte General- und Altersvorsorgevollmacht erteilt, die auch die Berechtigung zur Erteilung von Untervollmachten enthielt. Mit der Begründung, dass diese etwa wegen der Angabe einer falschen Kontoverbindung in einem notariellen Grundstückskaufvertrag zur Geschäftsführung ungeeignet und daher mit der Vertretung der Betroffenen überfordert sei, hatte ihr gleichfalls vertretungsbefugter Sohn die Bestellung eines Betreuers beantragt. Hierfür reicht indes nicht aus, dass der Vollmachtgeber etwa aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen, sondern es bedarf eines konkreten, durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerten Verdachtes, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Hierbei sind, gemessen am in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauen, etwa zu besorgende Geschäfte von besonderer Schwierigkeit und/ oder besonderem Umfang bzw. etwaige Bedenken gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten derartige Umstände. Ein Vollmachtsmissbrauch muss nicht zu besorgen sein. Ausreichend, aber erforderlich sind vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr im Interesse des Vollmachtgebers und entsprechend der Vereinbarung mit diesem handelt. Hierbei hat das Gericht von Amts wegen gem. § 26 FamFG alle zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und aufgrund dessen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.

 

 

 

 

 

 



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Widerstand gegen rechtswidrig handelnde Vollstreckungsbeamte

BRAWO-Artikel vom 30.09.2012

Im vorliegenden Fall war der Angeklagte den betreffenden Polizeibeamten »auffällig« erschienen, da er ein rotes Gesicht hatte. Sie hegten aufgrund dessen den Verdacht, dass dieser alkoholisiert sei und versuchten, den Pkw des Angeklagten zu stoppen. Der Angeklagte folgte dem jedoch nicht, sondern flüchtete auf sein Grundstück. Dort wehrte er sich massiv gegen die Versuche der Beamten, die Fahrzeugpapiere und seinen Führerschein zu überprüfen. Dem ging die entsprechende Aufforderung im Rahmen einer »allgemeinen Verkehrskontrolle« nach § 36 Abs. 5 StVO mit einer allein hierauf beschränkten Belehrung voraus.

Nachdem zu diesem Zeitpunkt bereits der konkrete Verdacht einer Trunkenheitsfahrt bestand, durften sich die Beamten nicht auf eine solche Belehrung beschränken. Diese betrifft lediglich präventive verkehrsbezogene Maßnahmen zur vorbeugenden Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs, während – wie hier – im Rahmen eines konkreten Verdachts einer Verkehrsstraftat bzw. -ordnungswidrigkeit allein die repressiven Ermächtigungsgrundlagen der StPO und des Polizeirechtes in Betracht kommen. Dies erfordert eine formal ordnungsgemäße Belehrung, welche nicht erfolgt war. Der Angeklagte hatte sich daher keiner vorsätzlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 113 StGB strafbar gemacht. Hierbei kam es im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung der Diensthandlung entscheidend nicht etwa auf deren materielle, sondern formelle Rechtmäßigkeit an. Zu den wesentlichen Förmlichkeiten gehört jedoch auch eine ordnungsgemäße Belehrung des Betroffenen. Für eine solche nach § 36 Abs. 5 StVO ist allerdings dann kein Raum mehr, wenn der konkrete Verdacht einer Verkehrsstraftat oder -ordnungswidrigkeit besteht. Da der Verstoß etwa gegen eine im Rahmen der allgemeinen Verkehrskontrolle erfolgte Weisung ihrerseits bußgeldbewehrt ist, dies jedoch nicht gegenüber dem Betroffenen einer Straftat oder Verkehrsordnungswidrigkeit gilt, wäre dieser ansonsten gezwungen, an der Aufklärung des Normverstoßes aktiv mitzuwirken. Der Angeklagte, der im vorliegenden Fall im Übrigen keinen Alkohol getrunken hatte und auch nicht unter dem Einfluss von Medikamenten stand, vermochte sich daher auch bezüglich der Körperverletzung auf Notwehr zu berufen, zumal auch das Einlegen eines Rechtsbehelfes nicht zumutbar gewesen war.

 

 

 

 

 

 

 



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Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit bei Internetauktion

BRAWO-Artikel vom 16.09.2012

dem Wert der hierfür zu erbringenden Leistung besteht, sind gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn weitere Umstände wie etwa eine verwerfliche Gewinnung hinzutreten. Wird eine solche bei einem auffälligen, groben Missverhältnis etwa bei Grundstücks- oder sonstigen Kaufverträgen über wertvolle Sachen i. d. R. ab einer gewissen Größenordnung ohne weiteres vorausgesetzt, gilt dies nicht ohne weiteres für eine sogenannte Onlineauktion. Nach Auffassung des BGH (Urteil v. 28.03.2012 - VIII ZR 244/10 -) kann insbesondere bei einem deutlich unter dem Wert des angebotenen Gegenstandes liegenden Gebot des Bieters nicht auf dessen verwerfliche Gesinnung geschlossen werden, da die Situation der Internetversteigerung sich grundlegend von einer bilateralen Verhandlung unterscheidet.

Im vorliegenden Fall war ein Mobiltelefon, das im Original 24.000,00 EUR kostet, von dem Kläger ersteigert worden, der für das mit einem Startpreis von 1,00 EUR angebotene gebrauchte Objekt auf sein Gebot von 782,00 EUR den Zuschlag erhielt. Mit der Begründung, dass es sich hierbei um ein Plagiat handele, verlangte dieser von dem Verkäufer Schadensersatz in Höhe der Differenz zum Wert eines Original-Mobiltelefons. Nach Auffassung des BGH war der Vertrag jedenfalls nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. So mache es gerade den Reiz einer Internetauktion aus, mit Angabe eines zunächst niedrigen Gebots die Chance wahrzunehmen, den Auktionsgegenstand zum »Schäppchenpreis« zu erwerben, während der Anbieter die Chance wahrnehme, durch das Überbieten am Ende einen für ihn vorteilhaften Kaufpreis zu erzielen.

Ob weiter etwa eine Beschaffenheitsvereinbarung über ein „Originalexemplar“ der entsprechenden Marke im Rahmen der Sachmängelhaftung vorlag, konnte noch nicht abschließend beurteilen werden. Allein das Mindestgebot von 1,00 EUR vermochte dies jedoch nicht auszuschließen, da es sich hierbei um einen internetauktionsspezifischen niedrigen Einstiegspreis handelte. Hierfür spräche etwa das Anbieten mit der entsprechenden Markenbezeichnung sowie der Umstand, dass eBay in seinen AGB den Verkauf von Repliken und Fälschungen ausdrücklich untersage.

 

 

 

 

 

 

 

 



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Fahrerlaubnisentziehung wegen »Unfallflucht«

BRAWO-Artikel vom 02.09.2012

Gemäß § 69 StGB entzieht das Gericht bei einer rechtswidrigen Tat, die bei oder in Zusammenhang mit dem Fahren eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugsführers begangen wurde, die Fahrerlaubnis, wenn sich aus dieser Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Gemäß Abs. 2 ist er dies in aller Regel, wenn es sich bei der rechtswidrigen Tat u.a. um ein sogenanntes Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) handelt, obwohl der Täter weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist.

Im vorliegenden Fall hatte der Beschuldigte mit seinem Pkw eine Bahnschranke beschädigt. Nach dem Unfall verließ er den Unfallort, ohne Feststellungen seiner Person und der Art seiner Unfallbeteiligung treffen zu lassen, suchte zunächst einen Freund auf und fuhr mit diesem sodann sein Fahrzeug in eine Werkstatt. Zwischenzeitlich wurde der Unfall von einer Zeugin bei der Polizei gemeldet. Ca. 40 Minuten später gab der Beschuldigte persönlich bei der Polizeidienststelle an, die Schranke mit seinem Pkw beschädigt zu haben. Das zuständige Amtsgericht entzog dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 142 StGB die Fahrerlaubnis. Der Überprüfung des Landgerichts Aurich mit Beschluss vom 06.07.2012 ­- 12 Qs 81/12 – hielt die Verwirklichung des Tatbestandes des § 142 StGB, nicht jedoch die Entziehung der Fahrerlaubnis stand: Zwar gestattete es dem Beschuldigten, sich zum Zwecke der – unverzüglichen – und umfassenden Benachrichtigung der Polizei von der Unfallstelle zu entfernen, sah dies jedoch bei einer etwa 40minütigen Verzögerung jedoch nicht mehr als gewahrt. Nachdem allerdings das Verhalten des Beschuldigten damit „gerade noch so“ den Tatbestand des § 142 StGB erfüllte, war hiermit die Annahme eines Regelfalls nicht zu begründen. Hierbei kam es maßgeblich darauf an, dass der Täter fest entschlossen war, dem Geschädigten sowohl die erforderlichen Meldungen als auch Schadensersatz zu leisten. In diesem Fall entfällt regelmäßig die Indizwirkung im Rahmen des § 69 StGB.

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Bruchteilseigentum und Nachbarausgleich

BRAWO-Artikel vom 19.08.2012

Mit Versäumnisurteil vom 10.02.2012 zum Aktenzeichen V ZR 137/11 hat der BGH zur Frage Stellung nehmen können, ob der sogenannte verschuldensunabhängige nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch analog § 906 II Satz 2 BGB auch auf Beeinträchtigungen im Verhältnis von Bruchteilseigentümern Anwendung findet. Dies hat er verneint. Dem lag der folgende Sachverhalt zu Grunde:

Die Parteien, welche Miteigentümer eines Hausgrundstückes sind, haben dieses durch Nutzungsvereinbarung jeweils so aufgeteilt, dass ihnen jeweils eine der drei Wohnungen zur alleinigen Nutzung zugewiesen wurde. Die eine der Erdgeschosswohnungen bewohnenden Kläger begehrten von den übrigen Miteigentümern Ersatz eines Wasserschadens auf Grund eines defekten Durchlauferhitzers der darüber liegenden Dachgeschosswohnung. Einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, der dann in Betracht kommt, wenn von einem Grundstück im Rahmen seiner privatrechtlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der betroffene Eigentümer zu dulden hat, aber das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überschreiten, lehnte der BGH ab. Zwar ist der Anwendungsbereich nicht auf die Zuführung unwägbarer Stoffe beschränkt, sondern erfasst insbesondere auch sogenannte Grobimmissionen wie etwa Wasser. Allerdings fehlte es vorliegend an der sogenannten strukturellen Vergleichbarkeit, um diese, einen Eingriff von außen, d.h. eine Störung von einem anderen Grundstück voraussetzende Norm auch im Verhältnis zwischen den jeweiligen Miteigentümern anzuwenden. Hierbei konnte offen bleiben, ob bereits die betroffene Nutzungsvereinbarung allein ausreichend war, als rechtsgeschäftliche Sonderverbindung die jeweiligen Rechtsbeziehungen untereinander zu regeln. Jedenfalls fehlte es an einer in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB vorausgesetzten Grenzüberschreitung. Hieran vermochte auch die zwar in das Grundbuch eingetragene Nutzungszuweisung nichts zu ändern, da es sich lediglich um eine schuldrechtliche Vereinbarung handelte. Hiervon unberührt blieb nämlich das gemeinschaftliche Eigentum sämtlicher Miteigentümer an allen Wohnungen mit der Folge, dass zwischen dem störenden und dem beeinträchtigten Grundstückseigentum Identität besteht. Mit einem derartigen Konflikt im Innenverhältnis zwischen den Eigentümern ein und desselben Grundstückes kann jedoch ein grenzüberschreitender Eingriff im Sinne des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht gleichgesetzt werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Bloße Motivangabe oder bedingte Erbeinsetzung

BRAWO-Artikel vom 05.08.2012

Eine Abgrenzung zwischen der Erbeinsetzung unter einer Bedingung und der bloßen Motivangabe zur Testamentserrichtung hat das OLG München mit Beschluss vom 15.05.2012 zum Aktenzeichen 31 Wx 244/11 anhand eines recht anschaulichen Falles vorgenommen:

So hatte der Erblasser im Jahre 1983 im Vorfeld einer Gallenoperation im Krankenhaus ein Schreiben angefertigt, in welchem er seiner Lebensgefährtin einen Bauplatz und seine beiden Sparbücher zukommen lassen wollte, „sofern ihm bei der Gallenoperation etwas zustoßen“ sollte. Tatsächlich verstarb er unverheiratet und kinderlos im Jahre 2011, woraufhin seine Lebensgefährtin anhand dieses Schreiben als über 40 Jahre lange unmittelbare Bezugsperson einen Alleinerbschein beantragte – nach Auffassung des OLG München zu Recht:

Hierbei war zunächst zu prüfen, ob die Einzelzuweisung der Nachlassgegenstände etwa als Vermächtnisanordnung gem. der Regelung des § 2087 Abs. 2 BGB entgegenstand. Dies war vorliegend nicht der Fall, nachdem insbesondere ein anderer Wille des Erblassers, vor allem ein sogenannter Gesamtverfügungswille, festzustellen war, woraufhin eine Erbeinsetzung per letztwilliger Verfügung gewollt war. Nachdem die beweglichen und unbeweglichen Gegenstände den Gesamtvermögensbestand des Erblassers darstellten, ging der Wille des Verstorbenen auf eine umfassende Regelung der Rechtsnachfolge.

Der Auslegung fähig und bedürftig war hingegen die gewählte Formulierung hinsichtlich der Gallenoperation. Hiernach war die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung mit dem befürchteten Umstand des Ablebens während der Gallenoperation nicht unmittelbar dahin verknüpft, dass diese Einfluss auf die Wirksamkeit der Verfügung haben und die Erbeinsetzung nur für diesen Fall angeordnet sein sollte, sondern sollten seine Anordnungen auch dann gelten, wenn er unter anderen Umständen verstirbt. Der Ort und die Umstände der Errichtung des Testaments ließen die Operation nur als Beweggrund dessen Errichtung erscheinen, nicht aber als echte Bedingung für die Erbeinsetzung im Falle des »Todes durch Gallenoperation«.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Erbschein durch Vorlage einer bloßen Testamentskopie

BRAWO-Artikel vom 22.07.2012

Dass unter Umständen auch die Vorlage einer Kopie eines Testaments ausreichen kann, um - wie im vorliegenden Fall – im Erbschein als Alleinerbe festgestellt zu werden, hat das OLG Naumburg unter dem 29.03.2012 – 2 Wx 60/11 – bestätigt. Zwar ist der Nachweis eines sog. gewillkürten Erbrechtes aufgrund letztwilliger Verfügung grundsätzlich gem. §§ 2355, 2356 Abs. 1 S.1 BGB durch Vorlage der Originalurkunde zu führen. Ist diese jedoch nicht auffindbar, bleibt dennoch ein wirksam errichtetes Testament bestehen, wenn das Originaltestament ohne Willen und Zutun des Erblassers abhanden gekommen ist. Ob das Testament überhaupt formgültig zustande gekommen ist und wenn ja, welchen Inhalts, ist dabei durch alle zulässigen Beweismittel beweisbar. Ist dieser Beweis gelungen, trägt hingegen die Feststellungslast und damit die Nichterweislichkeit rechtshindernder oder -vernichtender Tatsachen derjenige, der, wie etwa aus einem Widerruf des formgültigen Testaments, hieraus Rechte herleiten will.

Demzufolge vermochte der Antragsteller sich mit Erfolg auf die Zeugenaussage seiner Ehefrau zu berufen, welche glaubhaft angab, sich während der Errichtung des Testaments bei dem Erblasser im Krankenhaus befunden und auf dessen Bitte hin eine Kopie hiervon gefertigt und sodann dem Erblasser das Original zurück gereicht zu haben. Von der Ablichtung, die sie in einem Kochbuch aufbewahrte, machte sie erst 10 Jahre nach dem Ableben des Erblassers auf einen einschlägigen Artikel in einer Fernsehzeitschrift hin Gebrauch.

Hiermit stehen nicht etwa, wie zuvor das Nachlassgericht angenommen hatte, die beiden Möglichkeiten eines bloßen Verlustes des Originaltestaments oder etwa dessen bewusste Vernichtung durch den Erblasser und ein darin zum Ausdruck gekommener Widerruf des Testamentes nebeneinander. Noch begründet, wie das OLG ausdrücklich betont, die bloße Nichtauffindbarkeit desselben eine tatsächliche Vermutung oder einen Erfahrungssatz dahin, dass das Testament vom Erblasser vernichtet worden sei.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Löschung eines Wohnungsrechts durch Betreuer

BRAWO-Artikel vom 08.07.2012

Im vorliegenden Fall hatte der BGH mit Beschluss vom 25.01.2012 zum AZ: XII ZB 479/11 über die Genehmigungsfähigkeit der Löschung eines Wohnungsrechts zu entscheiden. Zu Gunsten des 77 Jahre alten Betroffenen, der mittlerweile in einem Pflegeheim lebt, war ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht im Grundbuch eingetragen. Dieses durfte jedoch nicht einem Dritten zur Ausübung überlassen werden, während der Berechtigte sämtliche Hausgelder und Nebenkosten zu tragen hatte. Nachdem dieser keinerlei persönlichen Nutzen mehr aus dem Wohnungsrecht ziehen konnte, da er es weder selbst ausüben noch etwa Dritten zur Ausübung überlassen konnte und auch eine Abfindung desselben nicht in Betracht kam, beantragte die Betreuerin die gerichtliche Genehmigung der Löschungsbewilligung des eingetragenen Wohnungsrechts.

Dies durfte vorliegend zunächst nicht unter Hinweis darauf versagt werden, dass etwa hierin eine – gesetzlich ausgeschlossene - Schenkung zu erblicken wäre. Vielmehr war zu ermitteln, ob die Rechtsposition überhaupt noch einen realen Vermögenswert des Betreuten darstellt. Gemessen am Maßstab des Interesses des Betreuten unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 1901 Abs. 3 BGB) war vorliegend noch aufzuklären, ob und inwieweit die Wiederaufnahme der Wohnnutzung durch diesen persönlich überhaupt noch wahrscheinlich war. So unwahrscheinlicher dies ist, um so mehr wiegt das Interesse des Betreuten, sich der monatlichen Kostenlast zu entledigen. Gleichfalls war die auch unter diesem Aspekt genehmigungsbedürftige endgültige Wohnungsaufgabe als einseitiges Rechtsgeschäft vorab genehmigungsbedürftig. Hat der Betreute den ausdrücklichen Willen gefasst, nicht mehr in die Wohnung zurückzukehren, bedarf es der Aufrechterhaltung des Wohnungsrechts auch unter diesem Gesichtspunkt nicht mehr. Insofern entfaltete seine Rechtsposition nur noch eine sogenannte Sperrwirkung, nachdem die Räume schließlich von niemand anderem genutzt werden konnten und der Berechtigte selbst aus tatsächlichen Gründen an ihrer Nutzung gehindert war.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Steuerhehlerei durch Absatzhilfe vor beendeter Steuerhinterziehung

BRAWO-Artikel vom 24.06.2012

Gem. § 374 AO wird mit Freiheitsstrafe bis zu Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer Erzeugnisse oder Waren, hinsichtlich deren Verbrauchssteuern oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben im Sinne des Zollkodexes hinterzogen worden ist, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder abzusetzen hilft. In dieser letzten Variante wird die Beihilfe zur Täterschaft erhoben, weil die Absatztat für den Vortäter nicht gesondert strafbar ist.

Im vorliegenden Fall war der Angeklagte wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei verurteilt worden. Dieser hatte, nachdem der ursprünglich vorgesehene Abnehmer des Vortäters abgesprungen war, für diesen Kontakt mit einem Dritten aufgenommen, der an der Abnahme der Zigaretten interessiert war, traf sich mit diesem und dem Vortäter und erhielt für die Vermittlung des Geschäftes aus der Lieferung 1.500 Stangen Zigaretten zu einem Vorzugspreis, die er weiterverkaufen ließ und sodann mit dem Vortäter abrechnete. Nach Auffassung des BGH mit Beschluss vom 09.02.2012 zum Aktenzeichen 1 StR 438/11 war der Verurteilung wegen Absatzhilfe nicht nur die Übernahme der 1.500 Stangen Zigaretten - und im Übrigen bloße Beihilfe zur Steuerhinterziehung - zu Grunde zu legen.

Dem stand nicht entgegen, dass die Steuerhinterziehung zum Tatzeitpunkt noch nicht beendet war: Nachdem bereits eine nur versuchte Tat als Vortat einer Sachhehlerei ausreichen kann, wenn diese den Vortäter bereits in den Besitz der Sache gebracht hat, komme es nicht allein auf das formale Stadium der Vortat an, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse. So sei die Möglichkeit des Absatzes regelmäßig der eigentliche Grund für die Steuerhinterziehung in Form des Zigarettenschmuggels. Hier bestünde die sichere Erwartung eines gewinnbringenden Weiterverkaufs und nicht etwa die Absicht der bloßen Verwahrung in einem Versteck. Eine typische Hilfsleistung sei hierbei gerade auch die Vermittlung von Kontakten zu Kaufinteressenten. In diesen Fällen werde die Steuerhinterziehung erst mit Übergabe der Schmuggelware an den Kaufinteressenten beendet. Eine Verurteilung allein wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung würde hingegen das typische Tatunrecht in der Mitwirkung am Absatz nicht erfassen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Anforderungen an Verkehrssicherungspflicht auf Kundenparkplatz

BRAWO-Artikel vom 10.06.2012

Dass öffentliche Parkplätze nicht ausnahmslos schnee- und eisfrei gehalten werden müssen, sondern vielmehr auch auf belebteren und stärker frequentierten öffentlichen Parkplätzen deren Benutzer einige „wenige Schritte“ auch auf nicht geräumten bzw. nicht abgestumpften Flächen hinnehmen müssen, bevor sie verkehrssichere Flächen erreichen, ist in der Rechtsprechung anerkannt.

Im vorliegenden Fall indes ereignete sich ein eis- und glättebedingter Sturz auf dem Kundenparkplatz einer Sparkassenniederlassung. Nachdem deren Kunde sein Auto dort geparkt hatte, stürzte er beim Verlassen des Fahrzeuges auf einer dort befindlichen Eisfläche, wodurch er sich eine Sprunggelenksdistorsion zuzog, die physiotherapeutisch und operativ behandelt werden musste. Dieser machte nunmehr gegenüber der Sparkasse Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht geltend und berief sich hierbei darauf, dass der vorgenannte Grundsatz lediglich bei kommunalen Parkplätzen, nicht aber bei Kundenparkplätzen von Wirtschaftsunternehmen den Inhalt der Verkehrssicherungspflicht bestimme.

Dieser war Gegenstand des Hinweisbeschlusses vom 10.01.2012 zum Az. 5 U 1418/11 OLG Koblenz. Hiernach gelten auch im vorliegenden Fall keine anderen Maßstäbe an die Anforderungen der Verkehrssicherungspflicht allein dadurch, dass der Parkplatz nicht im Interesse der Allgemeinheit von der Kommune, sondern allein für Zwecke der eigenen Kundschaft seitens eines wirtschaftlichen Unternehmens unterhalten wird. Maßgebend hierfür war vielmehr, dass es sich in beiden Fällen um einen Parkplatz mit einer unbestimmten Vielzahl von Benutzern handelte, deren Schutzbedürftigkeit nicht etwa von der Person des Betreibers des Parkplatzes und dessen Motivation abhänge. Nach alledem galten vorliegend keinerlei unterschiedliche Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Kein Provisionsanspruch des Versicherungsmaklers bei „unechter“ Verflechtung

BRAWO-Artikel vom 27.05.2012

Vertreibt der mit der Konzernmutter des Versicherers durch ein Kooperationsverhältnis wirtschaftlich verbundene Versicherungsmakler Fondspolicen und Anlagestrategien des Versicherers und bewirbt diese mit seinem eigenen Firmennamen versehenen Produkte besonders, so liegt eine sog. »unechte Verflechtung« vor. Dies hat der BGH mit Urteil vom 01.03.2012 zum Az. III ZR 213/11 entschieden. Im vorliegenden Fall begehrte der klagende Versicherungsmakler von seinem Kunden die Provision für eine ihm vermittelte Lebensversicherung, wobei es sich hierbei um ein Produkt der Konzernmutter der Lebensversicherungsgesellschaft handelte, mit welcher der Kläger in einem Kooperationsverhältnis stand.

Der BGH nahm in diesem Fall einen sog. institutionalisierten Interessenkonflikt aufgrund »unechter« Verflechtung an, da die Interessenbindung des Maklers gegenüber dem Versicherer diesen - gemessen am gesetzlichen Leitbild des Maklers - hierfür ungeeignet erscheinen ließ. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Verflechtungsrechtsprechung, eine Gefährdung der dem Makler vom Kunden übertragenen Wahrung seiner Interessen infolge einer Interessenkollision wegen Verflechtung mit dem »eigentlichen Auftraggeber« zu verhindern. Eine solche war zwar nicht allein der Verwendung der Formulare des Versicherers zu entnehmen, welche in erster Linie der organisatorischen Abwicklung diente. Vielmehr war offensichtlich für den Makler aufgrund der Benennung dieser Produkte mit dem Namen seiner eigenen Firma einer gesteigerte Gefahr einer Interessenbindung gegeben, aufgrund deren er seiner Stellung als unabhängiger Versicherungsmakler nicht mehr in hinreichendem Maße gerecht werden habe können. Insbesondere bestünde aufgrund des ganz erheblichen wirtschaftlichen Interesses auch kein Interesse mehr an den Anbieten von Alternativprodukten bzw. auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse seines Kunden zugeschnittener »passender« Versicherungen.

Nachdem hierfür grundsätzlich alle Arten rechtlicher und wirtschaftlicher Bindungen von erheblichem Gewicht ausreichen, die auf Dauer angelegt sind und maßgeblichen Einfluss auf die Verhaltensweise der Handelnden haben, unterfiel daher auch die vorliegende Konstellation der Annahme eines sog. »institutionalisierten Interessenkonfliktes«.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Vereitelung des Vorkaufsrechtes durch Einbringen in Gesellschaft

BRAWO-Artikel vom 13.05.2012

Ein das Vorkaufsrecht auslösender Vorkaufsfall kann insbesondere auch dann vorliegen, wenn der Verpflichtete die hiermit belastete Sache in eine Gesellschaft einbringt und anschließend die Anteile hieran entgeltlich an einen Dritten überträgt. Dies hat der BGH mit Urteil vom 27.01.2012 zum Az. V ZR 272/10 entschieden.

Im vorliegenden Fall ging es um eine Eigentumswohnung nebst Stellplatz in Gestalt eines Wohnungs- und Teilerbbaurechtes, deren Eigentümern ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Fälle des Verkaufs des Erbbaugrundstückes eingeräumt war. Der zuständige Insolvenzverwalter bot diesen zunächst den entsprechenden Miteigentumsanteil an dem Grundstück zum Kauf an, was die Kläger jedoch ablehnten, weil ihnen der Preis zu hoch war. Sodann übertrug dieser mit notariellem Vertrag das Eigentum an dem Erbbaugrundstück sowie 86 weiteren Grundstücken unentgeltlich an eine unmittelbar zuvor gegründete GmbH & Co.KG und am selben Tage gegen einen entsprechenden Kaufpreis die Gesellschaftsanteile hieran an eine dritte AG. Aufgrund dessen übten die Kläger nunmehr das Vorkaufsrecht aus. Nachdem nach der Rechtsprechung des Senates § 463 BGB nicht nur dann ein Vorkaufsrecht eröffnet, wenn ein Kaufvertrag mit einem Dritten geschlossen wird, sondern auch bei Vertragsgestaltungen, die einem Kauf im Sinne des Vorkaufsrechtes gleichgestellt werden können, lag diese Konstellation auch bei der vorliegenden Eigentumsübertragung der belasteten Sache gegen Zahlung eines bestimmten Preises vor. Die Einbringung in eine von dem beklagten Insolvenzverwalter beherrschte Gesellschaft und anschließende entgeltliche Übertragung deren Geschäftsanteile stellte ein sog. kaufähnliches Rechtsgeschäft dar. Hierbei steht etwa die Veräußerung eines Unternehmens, welches keinen anderen Zweck als die Verwaltung seiner Grundstücke verfolgt, wirtschaftlich einem Verkauf dieser Grundstücke gleich. Auch, dass eine Sachgesamtheit übertragen wurde, war für den Eintritt des Vorkaufsfalls vorliegend unerheblich. Ein Rückerwerb des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Miteigentums war jedenfalls nicht unmöglich. Auch handelte es sich um einen freihändigen Verkauf des Insolvenzverwalters und daher um keinen aus der Insolvenzmasse. Schließlich war der Verpflichtete nicht ohne weiteres berechtigt, wegen des „Paketverkaufs“ einen Wegfall der Vorteile hieraus geltend zu machen und gem. § 467 S. 2 BGB die Erstreckung auf alle Sachen zu verlangen, für die insgesamt ein Kaufpreis i.H.v. über 7 Mio. EUR vereinbart worden war. Dass sich etwa ausnahmsweise infolge der Trennung des Gegenstandes kein entsprechender Preis für die verbleibenden Sachen erzielen lässt, konnte bis dahin nämlich nicht festgestellt werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Erkennungsdienstliche Behandlung wegen illegalen Schusswaffenbesitzes

BRAWO-Artikel vom 29.04.2012

Der illegale Besitz von Schusswaffen unter unklaren Erwerbsumständen indiziert die erkennungsdienstliche Behandlung als notwendige und geeignete Maßnahme der Strafverfolgungsvorsorge. Dies hat das BVerwG mit Beschluss vom 07.03.2012 zum Az BVerwG 6 B 40.11 entschieden. Hierbei geht es davon aus, dass es sich um ein derart gesetzwidriges Verhalten handelt, dessen strafrechtlicher Gesamtzusammenhang sich oftmals erst zu einem viel späteren Zeitpunkt herausstellt, dass allein hierdurch die erkennungsdienstliche Behandlung veranlasst ist.

Vor diesem Hintergrund war die bei dem Betroffenen vorliegend erfolgte erkennungsdienstliche Behandlung in Gestalt der Aufnahme von Lichtbildern, Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, der Erstellung einer Personenbeschreibung sowie der Feststellung unveränderlicher äußerlicher körperlicher Merkmale geeignet und erforderlich. Hierbei läge es auf der Hand, dass daktyloskopische Spuren bei der Aufklärung von Straftaten hilfreich sein können und die Feststellung und Erhebung der unveränderlichen äußerlichen körperlichen Merkmale und der Personenbeschreibung wie Körpergröße, -gestalt, Haarfarbe, -beschaffenheit etc. mit Angaben von Zeugen abgeglichen werden können. Insbesondere war die Prognose der Wiederholungsgefahr für die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers nach § 81 b, 2. Alt. StPO vorliegend hinreichend begründet. Hiernach dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Eine Wiederholungsgefahr kommt hierbei in 1. Linie bei gewerbs- oder gewohnheitsmäßig handelnden oder sonstigen Rückfalltätern in Betracht, bei anderen hingegen, ob Art und Schwere der Straftaten Anhaltspunkte hierfür bieten. Gemessen hieraus war die Gefahrenprognose, dass der Beschuldigte, nachdem er illegal Waffen erworben hat, sich auch künftig durch das gesetzliche Verbot nicht von einem Waffenbesitz abhalten lassen wird, sachgerecht und vertretbar. Als schwerstwiegender Umstand war schließlich zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte Schusswaffen mit nicht unerheblichen Mengen von Munition illegal besessen hatte, deren nähere Umstände er nicht zu erklärten vermochte. Der strafrechtliche Gesamtzusammenhang dieses »virulenten gesetzwidrigen« Verhaltens stelle sich nämlich oftmals erst wesentlich später heraus.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Gesetzliches Solarienverbot für Minderjährige verfassungsgemäß

BRAWO-Artikel vom 15.04.2012

Durch das Gesetz zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSG) vom 29.07.2009 wurde mit § 4 ein Nutzungsverbot für Minderjährige geregelt, wonach die Benutzung von Anlagen (nach § 3) zur Bestrahlung der Haut mit künstlicher ultravioletter Strahlung in Sonnenstudios, ähnlichen Einrichtungen oder sonst öffentlich zugänglichen Räumen Minderjährigen nicht gestattet werden darf.

Hiergegen richteten die minderjährige Beschwerdeführerin zu 1., deren Eltern als Beschwerdeführer zu 2. und 3. sowie ein Betreiber eines Sonnenstudios als Beschwerdeführer zu 4. ihrer Verfassungsbeschwerde, mit welcher sie die Verletzung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bzw. ihres Elterngrundrechtes aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und im letzten Fall die Verletzung des Grundrechts auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG rügten.

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 21.12.2011 zum Aktenzeichen 1 BvR 2007/10 die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen: Zwar werde durch das Nutzungsverbot in § 4 NiSG ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der minderjährigen Beschwerdeführerin vorgenommen. Dieser Eingriff sei jedoch durch das legitime Ziel des Gesundheitsschutzes der Minderjährigen gerechtfertigt und sei auch im Übrigen verhältnismäßig, da ein die allgemeine Handlungsfreiheit weniger einschränkendes Mittel nicht zur Verfügung stehe. Hierbei wird dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen bei Prognose und Einschätzung der Gefährdung ein weiter Beurteilungsspielraum zugebilligt, der vom Bundesverfassungsgericht nur in begrenztem Umfang überprüfbar ist. Gemessen an dem besonders sensiblen Bereich des Jugendschutzes, insbesondere dem gebotenen Schutz der Minderjährigen vor Selbstgefährdung und Selbstschädigung, steht dem Gesetzgeber unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Jugendlichen und des Erziehungsrechtes der Eltern ein weiter Einschätzung- und Gestaltungsspielraum zu, der auch Eingriffe im Freizeitbereich der privaten Lebensgestaltung und damit den Kernbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit rechtfertigen kann. Da es den Eltern unbenommen bleibt, ihrem Kind etwa den privaten Zugang zu einer UV-Bestrahlung zu eröffnen, wäre auch ein in diesem Fall nur geringfügiger Eingriff in das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG jedenfalls gerechtfertigt. Nachdem schließlich nur Minderjährige und dies auch nur für die Dauer ihrer Minderjährigkeit als potentielle Kunden ausscheiden, werden auch die gewerblichen Betreiber des Sonnenstudios nicht unzumutbar und damit nicht unverhältnismäßig belastet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Täuschungsbedingt vereitelte Zustellung ist wirksam

BRAWO-Artikel vom 01.04.2012

Eine durch Täuschung vereitelte Zustellung ist wirksam, wenn der Zustellungsbeamte hierbei arglistig getäuscht wird. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund dessen eine erneute, zweite Zustellung veranlasst wird. In diesem Sinne hat der VGH München mit Beschluss vom 16.12.2011 zum Az 22 ZB 11.2637 über die Anhörungsrüge eines Kläger entschieden, dessen Antrag auf Zulassung der Berufung wegen Verfristung abgelehnt worden war.

Vorliegend sollte das erstinstanzliche Urteil dem Kläger förmlich zugestellt werden. Hierbei gab dieser dem Zustellbediensteten gegenüber wahrheitswidrig an, nicht am Zustellort, sondern in Österreich zu wohnen, woraufhin der Beamte die Sendung wieder zurückschickte. Der Kläger berief sich sodann darauf, das Schriftstück sei fehlerhaft – entgegen § 179 Satz 1 ZPO – nicht am Zustellort zurückgelassen worden, wo er doch an der Zustelladresse eine Wohnung innegehabt habe. Der Verwaltungsgerichtshof behandelte diese erste Urteilszustellung als wirksam. Gemäß § 179 Satz 3 ZPO gilt mit der Annahmeverweigerung das Schriftstück als zugestellt. Nachdem der Kläger wahrheitswidrig vorgespiegelt hatte, am Ort der Zustellung keine Wohnung zu haben, war der Zustellbedienstete insbesondere auch nicht gehalten, gemäß § 179 Satz 1 ZPO das Schriftstück dort zurückzulassen, um ihm Gelegenheit zu geben, seine Annahmeverweigerung zu überdenken und Kenntnis vom Inhalt der Sendung zu nehmen. Lediglich in dem Fall, dass der Zustelladressat die Annahme an einem anderen Ort als seiner Wohnung oder seinem Geschäftsraum verweigert, sei das zuzustellende Schriftstück gemäß § 179 Satz 2 ZPO zurückzusenden.

Nachdem der Kläger auch nicht aus sonstigen Gründen berechtigt war, die Annahme des Urteils zu verweigern, vermochte er sich auf diesen Zustellungsmangel nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu berufen, da das Zurücksenden des Schriftstückes gerade auf seinen eigenen Angaben gegenüber dem Zustellbediensteten beruhte. Gemessen am Ziel einer einfachen und effektiven Zustellmöglichkeit, dem Adressaten die Kenntnisnahme vom Inhalt der Sendung und eine entsprechende Rechtsverteidigung zu ermöglichen, wäre anderenfalls dieser Schutzzweck geradezu konterkariert, wenn eine wirksame Zustellung gerade durch arglistiges und zielgerichtetes Vortäuschen einer falschen Anschrift verhindert werden könnte. Der Kläger vermochte sich auch nicht auf ein etwa neuerliches Ingangsetzen der Rechtsbehelfsfrist durch die zweite Zustellung zu berufen, da diese gerade von ihm selbst treuwidrig herbeigeführt worden war.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Aufklärungspflicht der beratenden Bank über Rückvergütung

BRAWO-Artikel vom 18.03.2012

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 08.12.2011 zum Aktenzeichen 1 BvR 2514/11 die Rechtsprechung des BGH zu den Aufklärungspflichten einer beratenden Bank über Rückvergütungen auf die Verfassungsbeschwerde des beklagten Kreditinstitutes als mit Art. 3, 12, 101 und 103 Grundgesetz für vereinbar erklärt.

Dem lag folgender Fall zugrunde: Auf die Empfehlung der Beschwerdeführerin hin beteiligte sich der Ehemann der Klägerin in den Jahren 2003 und 2004 treuhänderisch an zwei Film- und Medienfonds. Entgegen den Angaben in den Verkaufsprospekten hinsichtlich der Vermittlungskosten und -gebühren leitete die hier als Empfänger genannte Bank zwischen 8,25 und 8,72 Prozent der von ihr vereinnahmten Provisionen an die anlegerberatende Bank weiter, ohne dass diesem offen gelegt worden war.

Die Verfassungsbeschwerde der beklagten Bank blieb erfolglos. Insbesondere war diese nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt, da die BGH-Rechtsprechung mit Urteil vom 19.12.2006 keine Vertrauensschutz verletzende Rechtsprechungsänderung darstellte. Denn es gab vorher keine entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung, vielmehr wurde diese lediglich fortgeführt. So hatte bereits in den Jahren 1989 und 1990 der BGH zu verheimlichten „Kick-Back-Vereinbarungen“ zulasten des Anlegers die Verpflichtung zur Herausgabe der Rückvergütung in Verbindung mit Schadensersatzanspüchen und auch unter dem 19.12.2006 eine Offenlegungspflicht der Bank gegenüber ihrem Kunden angenommen, wenn sie mit dessen Vermögensverwalter eine Beteiligung an von ihr vereinnahmten Provisionen und Gebühren des Kunden vereinbart. Die nachträgliche Erweiterung dieser Aufklärungspflicht über Rückvergütungen über das Grundsatzurteil vom 19.12.2006 hinaus war bereits deshalb unmaßgeblich, weil für die Anlageberatungen aus den Jahren 2003 und 2004 kein Vertrauen in den Fortbestand eines erst im Jahr 2006 erlassenen Urteils bestanden haben kann. Auch aus Gleichsbehandlungsgründen war eine unabhängig von der Höhe der jeweiligen Innenprovision statuierte Aufklärungspflicht sachlich gerechtfertigt, da diese einer Fehlvorstellung des Anlegers über die Neutralität der Beratung begegnen solle, nicht jedoch, wie in einem anderen Zusammenhang vor dem Jahr 2005 entschieden, den Zweck verfolge, Fehlvorstellungen des Anliegers über die Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage zu vermeiden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Erstattungsfähigkeit von Abschleppkosten auf Privatgrundstück

BRAWO-Artikel vom 04.03.2012

Mit Urteil vom 02.12.2012 zum Az. V ZR 30/11 hat der BGH im Zusammenhang mit der Erstattungsfähigkeit von privaten Abschleppkosten eine Differenzierung der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach vorgenommen.

Dem lag die geltend gemachte Zahlung einer Nutzungsentschädigung der Klägerin in Höhe von 3.758,00 EUR zugrunde, welche zunächst die Herausgabe ihres auf einem Supermarktparkplatz unberechtigt abgestellten Kfz begehrte, dessen Standort die Beklagte jedoch nur gegen Erstattung der Abschleppkosten preisgeben wollte. Diese hatte im Auftrag des Supermarktbetreibers das Kfz abgeschleppt und verlangte aufgrund abgetretenen Rechtes die Begleichung der ihr entstandenen Abschleppkosten aus einer Schadensersatzforderung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB aus verbotener Eigenmacht.

Nach Auffassung des BGH war sie mit der Herausgabe des Fahrzeuges nicht in Verzug, da ihr ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 237 Abs. 1 und 2 BGB auf Ersatz der Abschleppkosten in Höhe von 219,50 EUR netto zustand. Dieser war nicht allein auf die Kosten des reinen Abschleppens beschränkt, sondern umfasste als adäquat kausal verursachten Schaden auch die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppens etwa durch Überprüfung oder Zuordnung des unberechtigt abgestellten Fahrzeuges entstandenen Vorbereitungskosten als unmittelbar der Beseitung der hervorgerufenen konkreten Störung dienende Positionen. Dem gegenüber sind die nicht zur Beseitigung, sondern im Zusammenhang mit der Feststellung der Besitzstörung angefallenen Kosten etwa der Parkraumüberwachung hiervon nicht umfasst, sondern der Sphäre des Grundstücksbesitzers zuzurechnen. Das Zurückbehaltungsrecht verstößt schließlich auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Unterfall des Verbots der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB (Treu und Glauben), nachdem die Klägerin sich insbesondere durch Sicherheitsleistung gem. § 273 Abs. 3 BGB oder Hinterlegung der relativ geringen Forderung ohne weiteres den Zugang wieder hätte verschaffen können.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Deliktsrechtliche Verjährung erst ab Kenntnis der Regressabteilung

BRAWO-Artikel vom 19.02.2012

Mit Urteil des BGH vom 20.10.2011 zum Az III ZR 252/10 hat der BGH entschieden, dass es auch nach der mit Schuld-rechts-modernisierungsgesetz neu geregelten Verjährung gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Fall der deliktsrechtlichen Verjährung jedenfalls bei einer arbeitsteiligen Organisation der Behörden oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts in eine Leistungs- und eine Regressabteilung (hier: des Sozialversicherungsträgers) hinsichtlich der nunmehr ausreichenden grob fahrlässigen Unkenntnis wie der positiven Kenntnis i.S.d. § 852 Abs. 1 BGB a.F. allein auf die Beschäftigten der Regressabteilung, nicht aber derjenigen der Leistungsabteilung ankommt.

Im vorliegenden Fall hatte der Sozialversicherungsträger der verunfallten Person eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt. Kraft gesetzlichen Forderungsüberganges machte dieser erst nach rund 15 Jahren durch seine Regressabteilung anlässlich eines Telefonates mit der Rechtsanwältin der Geschädigten u.a. die Rückzahlung der an diese erbrachten Rentenzahlungen gegenüber der Beklagten geltend. 

Nach Auffassung des BGH machte die Neufassung der Verjährungsregelungen, wonach nicht erst die positive Kenntnis, sondern bereits das subjektive Merkmal der grob fahrlässigen Unkenntnis die Verjährung beginnen lässt, vorliegend keinen Unterschied. Daher konnte die zur alten Rechtslage entwickelte Rechtsprechung weiterhin Anwendung finden, wonach bei den hiermit befassten Behörden und öffentlichen Körperschaften nicht auf die Kenntnis eines jeden Bediensteten, sondern allein auf der Kenntnisstand der Mitarbeiter der Regressabteilung abgestellt werden kann. Hiernach war es unerheblich, dass etwa gegenüber der Leistungsabteilung bereits Anhaltspunkte für einen Unfall bestanden, sofern eine gesonderte Regressabteilung eigenverantwortlich mit der Vorbereitung und Verfolgung von Regressansprüchen betraut war. Nachdem vorliegend auch keinerlei Anhaltspunkte dafür bestanden, dass etwa eine gleichsam auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit versäumt worden war, vermochte allein eine etwa auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis der Mitglieder der Leistungsabteilung auch nach dem neuen Recht den Beginn der Verjährungsfrist nicht in Lauf zu setzen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Umfang der Schweigepflichtentbindung bei Lebensversicherung

BRAWO-Artikel vom 05.02.2012 

Im vorliegenden Fall begehrte die klagende Witwe als Bezugsberechtigte einer von ihrem Ehemann abgeschlossenen Risikolebensversicherung die Todesfallleistung in Höhe von 51.000,00 EUR. Dieser war tödlich verunglückt, hatte jedoch bei Antragstellung die sich jeweils auf die letzten zehn Jahre davorliegenden Gesundheitsfragen falsch beantwortet und hierbei einen – mit dem tödlichen Unfall in keinerlei Zusammenhang stehenden – Suizidversuch mit anschließender stationärer Behandlung verschwiegen. In der Schlusserklärung des Versicherungsantrages hatte er eine Schweigepflichtentbindungserklärung seiner ihn behandelnden Ärzte für die Zeit vor Antragsannahme und die nächsten drei Jahre sowie – hinsichtlich todesursächlicher Erkrankungen – auch über den Tod hinaus abgegeben. Nach Kenntniserlangung über den Selbstmordversuch erklärte die beklagte Versicherung die Anfechtung ihrer Vertragsannahme wegen arglistiger Täuschung.

Der BGH bestätigte mit Hinweisbeschluss vom 21.09.2011 zum Az IV ZR 203/09 zunächst, dass nach Ablauf der 3-Jahresfrist in der Schlusserklärung die Ärzte nur noch zu todesursächlichen Erkrankungen befragt werden durften. Die nach dem erst fünf Jahre nach Abschluss der Versicherung eingetretenen tödlichen Unfall erlangten Erkenntnisse über den Selbstmordversuch waren daher von der Schlusserklärung nicht mehr gedeckt. Nachdem vorliegend beiden Seiten ein Rechtsverstoß zur Last fiel, musste unter umfassender Abwägung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden, ob die beklagte Versicherung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung daran gehindert war, sich auf die ohne ausreichende Rechtsgrundlage erlangten Erkenntnisse zur Arglistanfechtung nach § 123 BGB zu berufen.

Nachdem sie auch nicht etwa systematisch und gezielt die Beschränkungen der Schlusserklärung umgangen hatte, und diese Informationen jedenfalls zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers noch rechtmäßig hätte erlangen können, trat demgegenüber dieser »formelle« Verstoß im Ergebnis zurück. Ausschlaggebend hierfür war nicht allein das arglistige Verhalten des Versicherungsnehmers, sondern auch das Interesse des Versicherers an einer ordnungsgemäßen Risikoprüfung und in diesem Zusammenhang das anerkennenswerte Interesse an der Offenlegung risikorelevanter Vorerkrankungen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Mietrechtlicher Verjährungsbeginn bei Angebot der Schlüsselrückgabe »auf Zuruf«

BRAWO-Artikel vom 22.01.2012 

Nach § 548 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB beginnt die kurze sechsmonatige Verjährungsfrist für Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in dem Zeitpunkt, in dem er die Sache zurückerhält. Im vorliegenden Fall hatte der Mieter einer unter dem 02.07.2007 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.09.2007 gekündigten Mietwohnung dem Vermieter bereits am 30.06.2007 persönlich unvermittelt an der Haustür die Rückgabe der Schlüssel für die bereits beräumte Wohnung angeboten und, nachdem der Vermieter dies verweigerte, anschließend die Schlüssel  in den Briefkasten des Klägers geworfen. Aufgrund einer gemeinsamen Absprache erfolgte sodann die Abnahme der Wohnung am 01.10.2007. Auf die am 19.03.2008 eingeleitete Schadensersatzklage des Vermieters wandte der Beklagte Verjährung ein.

Nach Auffassung des BGH mit Urteil vom 12.10.2011 – VIII ZR 8/11 – hatte die Verjährungsfrist jedoch erst mit Ablauf des 01.10.2007 begonnen und war sodann rechtzeitig durch die Klage gehemmt worden. Erst zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger die Wohnung zurückerhalten und befand sich auch nicht etwa vorher in Annahmeverzug aufgrund der Umstände am 30.06.2007. Auch konnte – die vom BGH bislang offengelassene Frage - offenbleiben, ob der Mieter überhaupt vor Beendigung des Mietverhältnisses zu einer Rückgabe der Mietsache berechtigt ist. Denn jedenfalls war der Vermieter nicht verpflichtet, die – wenn auch zu diesem Zeitpunkt bereits beräumte – Mietsache quasi »auf Zuruf« - und damit »jederzeit« - zurückzunehmen. 

Durch seine Weigerung, die ihm zur sofortigen Rückgabe an der Haustür offerierten Schlüssel anzunehmen, kam der Vermieter daher nicht in Annahmeverzug. Nachdem auch die nachfolgende Übergabe am 01.10.2007 einvernehmlich abgestimmt war, war es dem Vermieter auch nicht etwa nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB verwehrt, sich auf diesen »offiziellen« Übergabetermin zu berufen. Denn schließlich hat der Beklagte diesen Termin auch eingehalten, so dass der Kläger bezüglich seiner Ersatzansprüche nicht so zu stellen ist, als hätte er die für den Verjährungstermin maßgebliche Sachherrschaft über die Wohnung bereits 3 Monate zuvor erhalten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Verfügung über Vermögen im Ganzen bei Grundschuldbestellung

BRAWO-Artikel vom 08.01.2012 

Gemäß § 1365 Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.

Im vorliegenden Fall hatte der im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebende Ehemann und Kläger der beklagten Bank zur Absicherung eines Kreditrahmenvertrages über 500.000,00 EUR an seinem Grundstück eine erstrangige Grundschuld in Höhe von 350.000,00 EUR nebst 16 % jährlichen Zinsen und einmaliger Nebenleistung von 5 % bestellt. Das Grundstück hatte einen Verkehrswert von 426.000,00 EUR. Daneben besaßen er und seine Ehefrau zu diesem Zeitpunkt noch ein Bankguthaben in Höhe von 10.179,00 EUR. Wenige Monate später kündigte die Bank das Grundschuldkapital und stellte es zur Zahlung fällig. Der Kläger wandte sich gegen die Vollstreckung mit der Begründung, dass seine Ehefrau die Zustimmung gem. § 1365 Abs. 1 BGB versagt habe und die Grundschuldbestellung daher unwirksam sei - nach Urteil des BGH vom 07.10.2011 zum Aktenzeichen V ZR 78/11 zu Recht.

Maßgeblich für die Wertminderung des Grundstückes sei der Betrag, für den das Grundstück aus der bestellten Grundschuld dinglich hafte. Dies sei grundsätzlich der Nominalbetrag einschließlich etwaiger Nebenleistungen und dinglicher Zinsen gem. § 1191 Abs. 2 BGB. Insbesondere sei darauf abzustellen, in welchem Maße das Grundstück als Zugriffsobjekt für potenzielle Gläubiger zur Verfügung stehe und daher den Anspruch auf Zugewinn absinken lasse. Daher seien auch die zur Zeit der Grundschuldbestellung noch nicht entstandenen dinglichen Zinsen aus den letzten zwei Jahren mit einzubeziehen, welche ein potenzieller Gläubiger in aller Regel in seine Verwertungserwägungen mit einbeziehe. Unter Berücksichtigung dessen ergab sich  unter Hinzurechnung der einmaligen Nebenleistung und Zinsen für zwei Jahre ein den Verkehrswert des Grundstückes übersteigender Betrag. Der Restwert des Vermögens blieb hingegen unter der hierfür maßgeblichen 10 %-Grenze.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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